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Extremismus Verfassungsschutz informiert über „Königreich Deutschland“

Der sächsische Verfassungsschutz hatte immer wieder vor Umtrieben des „Königreiches Deutschland“ gewarnt. Jetzt hat Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den gleichnamigen Verein verboten.

Von dpa Aktualisiert: 13.05.2025, 14:55
Das „Königreich Deutschland“ hatte seinen Schwerpunkt zuletzt in Sachsen.
Das „Königreich Deutschland“ hatte seinen Schwerpunkt zuletzt in Sachsen. Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Berlin/Dresden - Der Verein „Königreich Deutschland“ ist als größte Gruppierung der „Reichsbürger“-Szene Geschichte. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt verbot Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) den Verein. Er soll bundesweit etwa 6.000 Anhänger haben, darunter 300 in Sachsen. 

Laut Bundesinnenministerium durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei ab den frühen Morgenstunden Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. 

Vier Festnahmen - Ermittlungen wegen krimineller Vereinigung

Vier Männer wurden laut Generalbundesanwalt festgenommen. Unter ihnen ist Peter Fitzek, der die Vereinigung nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden 2012 in Wittenberg gegründet hatte. Zwei der Festnahmen erfolgten laut einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft im Landkreis Mittelsachsen. Die Ermittlungen richten sich vor allem auf eine kriminelle Vereinigung. 

Nach Angaben des sächsischen Landeskriminalamtes wurden im Freistaat Wohn- und Geschäftsräume in Halsbrücke bei Freiberg, im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie in Döbeln und Leipzig durchsucht. Dabei habe man Vereinsvermögen und weitere Beweise sichern wollen.

Peter Fitzek stammt aus Halle in Sachsen-Anhalt und hatte sich selbst zum Staatsoberhaupt erklärt. Er stand bereits mehrfach vor Gericht und wurde verurteilt. Fitzek werden jetzt auch unerlaubte Einlagen- und Versicherungsgeschäfte vorgeworfen.

Verfassungsschutz hatte Gruppierung seit langem im Visier

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen hatte seit Jahren Erkenntnisse zum „Königreich Deutschland“ (KRD) gesammelt und die Öffentlichkeit informiert. „Dabei haben wir die damaligen Immobilienkäufe der Gruppierung in Sachsen als Expansionsbestrebungen enttarnt, die nur dem Ziel dienten, pseudo-staatliche Parallelstrukturen in Form sektenähnlicher Siedlungsgemeinschaften aufzubauen“, sagte LfV-Präsident Dirk-Martin Christian. Zudem habe man eindringlich gewarnt, dem KRD Geld zu überlassen. 

Nach Angaben des Verfassungsschutzes zielten die Aktivitäten der Gruppierung in Sachsen darauf ab, das eigene „Staatsgebiet“ samt eigener Parallelstrukturen zu vergrößern. Hierzu gehörten neben der Gründung von Pseudo-Institutionen wie der „Gemeinwohlkasse“ der Erwerb und Ausbau von Liegenschaften. Um seine Ziele zu erreichen, sei Fitzek auf die Ersparnisse bzw. Finanzeinlagen der KRD-Mitglieder oder Bewohner seiner als „Gemeinwohldörfer“ bezeichneten Immobilien angewiesen gewesen, hieß es.

„Königreich Deutschland“ hatte mehrere Immobilien in Sachsen

In Sachsen hatte das KRD im April 2021 in einer Bäckereifiliale im Stadtteil Laubegast eine „Gemeinwohlkasse“ gegründet. Sie wurde im Februar 2023 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geschlossen. Zwischen Februar 2022 und Mai 2023 erwarb die Gruppe über Strohmänner drei große Immobilien im Freistaat Sachsen: das Wolfsgrüner Schlösschen im Eibenstocker Ortsteil Wolfsgrün (Erzgebirgskreis), das Schloss Bärwalde in Boxberg (Landkreis Görlitz) und das Gut Halsbrücke (Landkreis Mittelsachsen). 

Fitzek sanierte diese Immobilien gemeinsam mit seinen Anhängern, wie das LfV mitteilte. So fanden zum Beispiel 2023 im Schloss Bärwalde umfangreiche Arbeitseinsätze mit bis zu 100 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet statt. 

Als Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Dresden gegen mehrere KRD-Mitglieder wurden im November 2023 das Schloss Wolfsgrün und das Schloss Bärwalde durch die BaFin beschlagnahmt und versiegelt. Den Beschuldigten wurde vorgeworfen, unerlaubt eine Krankenkasse betrieben sowie unerlaubt Bankgeschäfte getätigt zu haben. Seither war das „Königreich Deutschland“ auf das Gut in Halsbrücke beschränkt.

Gut in Halsbrücke wollte sich autark selbst versorgen 

Laut Verfassungsschutz wurden die „Gemeinwohldörfer“ als Teil des  „Staatsgebietes“ beworben, in das sich Anhänger einkaufen konnten, um dort als Eigenversorger zu arbeiten und zu leben. So sollte das Gut in Halsbrücke als Autarkie-Projekt vor allem landwirtschaftlich genutzt werden. Bei den Durchsuchungen wurden nach Auskunft des Landeskriminalamtes dort auch zahlreich Tiere gefunden - Kühe, Schweine und Schafe. 

„Neben dem Erwerb und Ausbau von Immobilien warb das KRD zum einen fortwährend für verschiedene kostenpflichtige Seminare zu esoterisch anmutenden Themen, wie zum Beispiel „Kontakt mit der Geisterwelt Gottes“, gab der Verfassungsschutz weiter bekannt. Diese Seminaraktivitäten hätten zuletzt hauptsächlich in Sachsen stattgefunden. 

Nach Angaben des LfV war ein sogenanntes „Leucht Turm“-Team im Einsatz, um neue Anhänger und finanzielle Unterstützer für das „Königreiche Deutschland“ zu finden. Es habe vor allem Wanderungen organisiert, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und neue „Staatsangehörige“ zu akquirieren. In Halsbrücke lud man mehrmals zu einem Tag der offenen Tür. 

Linke, Grüne, SPD, CDU und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Landtag begrüßten das Vereinsverbot. „Wer die Bundesrepublik Deutschland ablehnt, eigene Fantasiestaaten errichtet und demokratische Institutionen untergräbt, hat in unserem Rechtsstaat keinen Platz“, erklärte CDU-Innenpolitiker Ronny Wähner. Nach Ansicht seines BSW-Kollegen Bernd Rudolph hat der Staat schon viel zu lange dem verfassungsfeindlichen Treiben zugeschaut. Vertreter von Linken und SPD verwiesen auf enge Verbindungen der „Reichsbürger“ zur rechtsextremen Szene. 

„Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Sie sprechen etwa Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide.