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Tierseuche Vogelgrippe: Wie ist die aktuelle Lage in Niedersachsen?

In Niedersachsen wächst die Sorge vor der Vogelgrippe. Warum die Agrarministerin zur Ruhe mahnt, wo jetzt die Stallpflicht gilt – und welche Folgen die Seuche für Tierhalter und Verbraucher hat.

Von dpa Aktualisiert: 29.10.2025, 15:19
Puten sind nach Angaben des niedersächsischen Agrarministeriums besonders von der Vogelgrippe betroffen. (Archivbild)
Puten sind nach Angaben des niedersächsischen Agrarministeriums besonders von der Vogelgrippe betroffen. (Archivbild) Philip Dulian/dpa

Hannover - Tote Kraniche auf den Feldern, Stallpflicht für Geflügel und wachsende Sorge in den Betrieben: Die Vogelgrippe breitet sich in Niedersachsen weiter aus. Inzwischen gelten in weiten Teilen des Landes Auflagen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie ernst ist die Lage in Niedersachsen?

Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) mahnt zu Besonnenheit: Man müsse „ein bisschen Ruhe auch bewahren“. In den Jahren 2021 und 2022 mussten in Niedersachsen jeweils mehr als eine Million Tiere getötet werden – von solchen Zahlen sei man derzeit „ganz, ganz weit entfernt“. Bislang seien in diesem Jahr rund 180.000 Tiere gekeult worden. Das Ausbruchsgeschehen sei jedoch auch noch nicht am Ende, sagte die Ministerin.

Welche Regionen sind besonders betroffen?

Seit Oktober gab es nach Angaben des Agrarministeriums elf Ausbrüche in Geflügelhaltungen – in den Landkreisen Cloppenburg, Vechta, Diepholz und Heidekreis. Das Ausbruchsgeschehen unterscheide sich regional sehr, sagte Staudte. Betroffen seien vor allem „geflügeldichte“ Regionen – also solche, in denen besonders viel Geflügel gehalten wird.

Warum breitet sich das Virus in einigen Regionen stärker aus?

Nach Angaben des Ministeriums sind auch Betriebe betroffen, die bereits in früheren Jahren Ausbrüche verzeichnet hatten. Man müsse sich daher fragen, was in diesen Hochrisikogebieten verändert werden könne, sagte Staudte.

In den Gemeinden Garrel, Bösel und Friesoythe (alle Landkreis Cloppenburg) sei ein Wiederbelegungsverbot verhängt worden. Das heißt: Nach einem Ausbruch dürften die Ställe dort nicht sofort wieder mit Geflügel besetzt werden – auch nicht in der näheren Umgebung. Dadurch solle die Geflügeldichte verringert und das Risiko weiterer Infektionen gesenkt werden.

In der Gemeinde Garrel etwa liegt die Geflügeldichte laut Staudte bei mehr als 13.000 Tieren pro Quadratkilometer – und von einer hohen Dichte spreche man bereits bei rund 500 Tieren. „Sobald es dort zu Ausbrüchen kommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus in der Gegend weiterverbreitet, sehr, sehr hoch“, sagte die Ministerin. Das habe dann auch nichts mehr mit Wildvögeln zu tun.

Woher kommt das Virus?

Das Vogelgrippevirus zirkuliert laut Ministerium dauerhaft in der Natur. Derzeit seien vor allem Kraniche betroffen, die bislang kaum Kontakt mit dem Erreger gehabt hätten und deshalb keine Immunität besäßen. Das Virus greife das zentrale Nervensystem an. Erkrankte Tiere taumelten deshalb häufig oder wirkten desorientiert. Alleine im Landkreis Verden sind nach Angaben der Kreisverwaltung bislang mehr als 100 tote Kraniche eingesammelt worden.

Wo gilt derzeit Stallpflicht?

Inzwischen haben 15 Landkreise sowie die Region Hannover und die Stadt Oldenburg eine allgemeine Stallpflicht angeordnet – meist für Betriebe mit mehr als 50 Tieren. Dazu zählen: Emsland, Grafschaft Bentheim, Cloppenburg, Oldenburg, Ammerland, Vechta, Diepholz, Nienburg, Celle, Gifhorn, Uelzen, Heidekreis, Osterholz, Harburg und Stade.

In Rotenburg/Wümme, Peine, Wolfenbüttel und Salzgitter gelten einzelbetriebliche Anordnungen. Niedersachsen umfasst insgesamt 37 Landkreise (inklusive Region Hannover) und acht kreisfreie Städte.

Warum gibt es keine landesweite Stallpflicht?

Eine vom Land verhängte landesweite Stallpflicht ist in Niedersachsen rechtlich nicht möglich. „Seit 2014 ist das auf die Landkreise übertragen, und ich glaube, das ist auch der richtige Ansatz, dass vor Ort eine Risikoabwägung stattfindet und dann eben vor Ort entschieden wird, macht eine Aufstallpflicht Sinn?“, sagte Staudte.

Eine Pflicht zur Stallhaltung sei zudem kein Allheilmittel gegen die Geflügelpest, wie viele Ausbrüche auch in Ställen zeigten. Für Tiere, die sonst in Freilandhaltung leben, sei der Wechsel auch eine Belastung.

Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für Menschen?

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gab es bisher keinen Fall einer Ansteckung beim Menschen in Niedersachsen. Eine Übertragung könne nur bei engem Kontakt mit infizierten oder toten Tieren erfolgen. Eine Impfung gegen die Vogelgrippe gibt es nicht. Allerdings rät das Ministerium zur gewöhnlichen Grippeimpfung, um die Folgen einer möglichen Doppelinfektion zu lindern.

Welche wirtschaftlichen Konsequenzen hat die Vogelgrippe-Welle?

Für viele Betriebe ist die Vogelgrippe nach Angaben des Agrarministeriums eine wirtschaftliche Belastung. Allerdings dürfen demnach zum Beispiel Freilandeier auch während der Stallpflicht weiterhin als solche verkauft werden – ein Vorteil für die Halter, da die Produktionskosten sinken.

Hinweise auf Engpässe oder Preissteigerungen bei Fleisch und Eiern gebe es bislang nicht, erklärte das Ministerium.

Hat Niedersachsen ein Tierhaltungsproblem?

Vor allem Puten seien stark von der Geflügelpest betroffen, sagte Staudte. Diese Tiere seien hochgezüchtet und häufig anfällig. Ihnen werde etwa der Schnabel gekürzt, um Verletzungen zu vermeiden. Das gebe einen Hinweis darauf, „dass es keine optimale Haltungsform ist, so wie sie derzeit praktiziert wird“, sagte die Ministerin. Man müsse grundsätzlich über die Putenhaltung sprechen. Dass jedes Jahr so viele Tiere zu Tode kommen, könne kein Dauerzustand sein.