Ex-RAF-Terroristin vor Gericht Von der Reithalle zum Gerichtssaal: Klette-Prozess in Verden
Für den Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette wurde extra eine Reithalle umgebaut. Wie ist der neue Gerichtssaal?

Verden - Wo früher Pferde über Sand trabten, steht nun eine mutmaßliche Serienräuberin und ehemalige RAF-Terroristin vor Gericht: Das Verfahren gegen Daniela Klette wird zum ersten Mal in einer umfunktionierten Reithalle in Verden verhandelt. „Der Vermieter hat die Halle natürlich umgebaut, mit allen technischen Anforderungen“, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Verden.
Ein idyllisches Gelände als Kulisse für einen aufwendigen Prozess
Das rund vier Hektar große Areal liegt am Stadtrand von Verden, idyllisch zwischen Fachwerkhäusern, einer alten Mühle und einem See. Die „exklusive Reitanlage mit Wohnhaus“ wurde online zur Miete angeboten: Der Immobilienmakler warb mit einem eigenen Gästehaus, einer lichtdurchfluteten Reithalle, weitläufigen Koppeln und einem traumhaften Garten inklusive Schwimmsee.
In den vergangenen Monaten wurde der Reiterhof zu einem Hochsicherheitstrakt umgebaut: Sicherheitszäune, Stacheldraht und Sichtschutz sichern jetzt die Einfahrten, zahlreiche Kameras überwachen das Gelände und Polizeistreifen fahren in dem Wohngebiet knapp 40 Kilometer südöstlich von Bremen Patrouille.
Die Kosten für den Umbau übernimmt der Vermieter, wie das niedersächsische Justizministerium mitteilte. Sie werden durch die Miete von rund 3,6 Millionen Euro abgedeckt, ebenso die Nebenkosten. Mieterin ist das Landgericht Verden, das Land Niedersachsen geht in Vorleistung. Wer am Ende die Kosten trägt, wird erst mit dem Urteil entschieden.
Schwierige Suche nach einem geeigneten Gerichtssaal
Monatelang lief die Suche nach einem geeigneten Gerichtssaal für das Mammutverfahren unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen. Im Landgericht Verden und auch an keinem anderen Gerichtsstandort in Niedersachsen gab es laut Justizministerium einen passenden Saal mit Platz für all die Richter, Anwälte, mehr als 380 Zeugen, 50 Sachverständige, Medien und das Publikum. Hinzu kommt die Nebenklage als unkalkulierbarer Faktor: Bis zu 26 Betroffene und deren Anwälte können sich noch bis zum Ende des Verfahrens anschließen.
Die Behörden erwogen nach eigenen Angaben, für den Prozess eine neue Halle zu bauen, fanden jedoch kein Grundstück. Sie überlegten auch, die Verhandlung in einem anderen Bundesland durchzuführen. Doch die Abstimmungen wären zu kompliziert und die Reisekosten zu hoch gewesen, teilte eine Sprecherin des Justizministeriums mit. Die Reithalle habe sich schließlich als die „einzig gangbare und zudem wirtschaftlichste Option“ herausgestellt.
Allein der neue Sitzungssaal mit Zuschauerraum umfasse 800 Quadratmeter, sagte eine Sprecherin des Gerichts. Das Publikum wird den Prozess hinter einer Sicherheitsscheibe verfolgen. 66 Journalistinnen und Journalisten sowie 23 Interessierte können dort Platz nehmen. Der Raum wird mit Klimageräten im Winter beheizt und im Sommer gekühlt.
Umgebaute Reithalle nur für den Klette-Prozess
Bis aus der Reithalle ein Gerichtssaal wurde, wich das Gericht auf den Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle aus. Die frühere RAF-Terroristin steht seit zwei Monaten wegen einer Serie von Überfällen auf Supermärkte und Geldtransporter vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft Daniela Klette versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor.
Am ersten Tag im neuen Verhandlungssaal seien zwei Beamte als Zeugen geladen, sagte die Gerichtssprecherin. Sie sollen über die Aussagen und das Verhalten der Angeklagten sprechen. Die 66-Jährige wurde im Februar vergangenen Jahres in ihrer Wohnung in Berlin festgenommen. Ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub (70) und Burkhard Garweg (56) werden weiterhin gesucht.
Die umgebaute Halle soll erst einmal nur für den Prozess gegen Daniela Klette genutzt werden. Der Vertrag für den roten Klinkerbau gilt für zwei Jahre und kann bei Bedarf verlängert werden. Das Justizministerium geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Prozess mindestens so lange andauern wird. Sollte die Verhandlung doch schneller enden, soll die umgebaute Reithalle für andere Verfahren mit hohen Sicherheitsvorkehrungen und vielen Beteiligten genutzt werden.