1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Union und SPD streiten über Klimaschutzgesetz

Kampf gegen Klimaerwärmung Union und SPD streiten über Klimaschutzgesetz

Auf der Erde wird es immer wärmer, mit all den Konsequenzen für das Klima. Umsteuern tut not, die Zeit drängt. Umweltministerin Schulze legt ein Klimaschutzgesetz vor und stößt auf erheblichen Widerstand.

23.02.2019, 15:00

Berlin (dpa) - Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) stößt mit ihrem geplanten Klimaschutzgesetz auf massive Vorbehalte beim Koalitionspartner Union. "Klimaschutz kann so nicht funktionieren", sagte der CDU-Energieexperte Jens Koeppen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

"Wer glaubt, mit Stichtagsregelungen und Daumenschrauben die Ressorts zu Einsparungen zwingen zu können, wird an den Pariser Klimaschutzzielen scheitern." Es sei unverständlich, dass man beim Klimaschutz auf Vernunft, Machbarkeit und Technologieoffenheit verzichten wolle.

Schulze will per Gesetz regeln, wie stark Bereiche wie Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft ihren Treibhausgas-Ausstoß Jahr für Jahr senken müssen, damit Deutschland sein Klimaschutzziel für 2030 - 55 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 - und die EU-Vorgaben einhält. Konkrete Maßnahmen festzulegen überlässt sie in ihrem Entwurf den Fachressorts. Das betrifft vor allem Kollegen der Union: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bauminister Horst Seehofer (CSU).

Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte der dpa, die Koalition solle besser Schritt für Schritt vorgehen. "Jetzt legen wir zunächst den Pfad für einen auch wirtschaftlich und sozial vertretbaren Kohleausstieg fest. Dann geht es um konkrete, rasche Maßnahmen in allen Sektoren." Im Gebäudebereich etwa sei die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung überfällig, im Verkehrsbereich sei eine Offensive für alternative Kraftstoffe notwendig. Altmaier sagte der "Bild" (Samstag), Schulzes einseitiges Vorgehen diene weder dem Klimaschutz noch dem Erhalt von Arbeitsplätzen. "Das Thema eignet sich nicht für persönliche oder parteipolitische Profilierung."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, kann die Kritik des Koalitionspartners nicht nachvollziehen. Der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) sagte er: "CDU und CSU scheinen nun Angst vor der eigenen Courage zu bekommen." Es scheine, als ob die zuständigen Ressortchefs nicht liefern wollten. "Deshalb fordere ich Angela Merkel auf, wenn sie sich immer noch als Klimakanzlerin versteht, ihre Minister zur Arbeit anzuhalten." Das sei auch eine Frage der Durchsetzungsfähigkeit für die Kanzlerin.

Der SPD-Wirtschafts- und Energiepolitiker Bernd Westphal sagte der dpa: "Das Klimaschutzgesetz ist im Koalitionsvertrag vereinbart und geht jetzt richtigerweise in die Umsetzung. Die Initiative von Ministerin Svenja Schulze ist nur logisch." Die Ressorts müssten liefern. "Es wäre nicht zu vermitteln, wenn wir Zahlungen wegen Verfehlung der Klimaziele leisten müssten."

Ziel des als historisch eingestuften Pariser Klimaabkommens von 2015 ist, die Erderwärmung auf unter zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC um etwa ein Grad erwärmt, Deutschland sogar noch etwas stärker.

Grünen-Chef Robert Habeck kritisierte die Union. Der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die vor einer Deindustrialisierung im Zuge des Klimaschutzes gewarnt hatte, hielt er im Deutschlandfunk vor: "Mein lieber Scholli, also wenn es die Gefahr einer Deindustrialisierung überhaupt gibt, dann durch zu wenig Klimaschutz, weil wir an falschen, alten, nicht mehr wettbewerbsfähigen Industrien festhalten." Das Absurde sei, dass Landwirtschaft und Autoindustrie selbst schon weiter seien. Die CDU bremse maßgeblich den Wandel aus.

Die Zeit drängt: Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Und die 20 wärmsten lagen in den vergangenen 22 Jahren. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl gut drei Grad wärmer. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder auch der Tierhaltung stark reduziert werden.