1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Bei Feuerwerk klaren Kopf bewahren

Silvester Bei Feuerwerk klaren Kopf bewahren

Leichtsinniger Umgang mit Feuerwerk kann schnell ins Auge gehen oder aufs Ohr schlagen. Im schlimmsten Fall sind die Folgen unvergesslich.

Von Uwe Seidenfaden 31.12.2015, 00:01

Magdeburg l In der bevorstehenden Silvesternacht werden voraussichtlich wieder mehrere Millionen Euro in Blitz, Knall und Rauch aufgelöst. Leider kommt es dabei auch immer wieder zu Verletzungen. Besonders häufig sind Schäden durch Funken- und Splitterflug, resümieren Augen-, Ohren- und Notfallärzte im Rückblick auf das Silvesterfest 2014. „Besonders tragisch war für uns der Fall eines zwölfjährigen Jungen, der durch die nahe Explosion eines Böllers auf das schwerste am Auge verletzt wurde“, erinnert sich Professor Dr. Hagen Thieme, Direktor der Magdeburger Universitätsaugenklinik. Trotz sofort eingeleiteter Notoperation gelang es nicht, das Augenlicht des Jugendlichen zu erhalten.

Ein menschlicher Augenblick ist weniger als eine Viertel Sekunde lang. Diese kurze Reaktionszeit schützt das Auge vor vielen natürlichen Gefahren - nicht aber vor explodierenden Silvesterraketen. „Wird das Auge getroffen, kann es wie ein Luftballon zerplatzen“, sagt der Magdeburger Augenarzt. Dann ist keine Rettung des Augenlichts mehr möglich. Selbst bei weniger schweren Augen-Verletzungen durch Feuerwerkskörper müssen die zumeist jugendlichen Betroffenen mit bleibenden Seheinschänkungen rechnen.

Eine der häufigsten Unfallfolgen von Silvesternächten ist das Knalltrauma. Nach Aussage von Professor Dr. Christoph Arens, Direktor der Universitäts-HNO-Klinik, erleiden jährlich rund 8000 Menschen in Deutschland eine Verletzung des Innenohres durch explodierende Feuerwerkskörper. Damit beschreiben Ärzte die schädigende Wirkung eines unerwartet hohen Schalldrucks auf das Hörorgan. Das Innenohr enthält winzige, haarförmige Sinneszellen. „Deren Bewegung im wechselnden Schalldruck wandelt die akustischen Signale in bioelektrische Botschaften um, die das Gehirn weiter analysieren kann“, so Prof. Arens. Explodiert aber ein Böller in unmittelbarer Nähe zum Ohr, schädigt der extrem hohe Schalldruck die haarförmigen Sinneszellen. Unmittelbar danach ist der Höreindruck verändert, was Betroffene im angetrunkenen Zustand nicht gleich wahrnehmen. Diese Erkenntnis tritt oft erst erst viel später ein. „Betroffene sagen dann, sie könnten ihre Umgebung nur noch dumpf wahrnehmen, so, als wäre das Ohr verstopft“, sagt der Magdeburger HNO-Arzt. Manchmal hören die Patienten danach auch einen dauerhaften hohen Scheinton (Tinnitus) oder sie haben Schwindelgefühle. Beides sind, unabhängig voneinander, Hinweise auf eine mögliche Innenohrschädigung.

Lautet die Diagnose Knalltrauma, geben die HNO-Ärzte in den ersten Tagen nach dem Ereignis manchmal Kortison-Infusionen zur Unterstützung der Haarzellen-Erholung. Wurde ein Explosionstrauma diagnostiziert, ist gegebenenfalls auch eine Rekonstruktion des Trommelfells notwendig. Ungeachtet dessen können Böller-Explosionen aber noch viele Jahre nach der akuten Schädigung für eine weitere Hörverschlechterung und zum Ohrensausen (Tinnitus) führen. Im günstigsten Fall helfen dann moderne Hörgeräte.

Um das Gehör zu schützen, muss man nach dem Zünden von Silvester-Raketen und Knallern einen Sicherheitsabstand von einigen Metern einhalten. Deshalb auch unbedingt die Gebrauchsanweisung lesen, rät Dr. Dietrich Eckhardt, Bereichsleiter Explosivstoffe an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Leider vernebelt Alkohol das Denken mancher Hobby-Pyrotechniker. Auch in diesem Jahr gilt daher der eindringliche Rat von Feuerwehr, Polizei und Medizinern: Nur mit klarem Kopf an die Zündschnur gehen. Freunde und Bekannte sollten verantwortungsvoll aufeinander achten. Dann bleibt der Jahreswechsel auch in guter Erinnerung.