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Familie Mit Enkelkindern in Kontakt bleiben

Oma oder Opa wollen ihre Enkel aufwachsen sehen. Das gelingt auch - etwas Organisation vorausgesetzt.

06.09.2020, 03:57

Leipzig/Paderborn (dpa) l Kinder und Enkel leben hunderte Kilometer entfernt. Das ist in der modernen Gesellschaft heute Normalität, stellt Großeltern aber vor Herausforderungen. Wie können sie aus der Distanz das Leben ihrer Kinder und Enkel miterleben, auch wenn die eigenen Kräfte vielleicht nachlassen? Die gute Nachricht: Es geht. Vorausgesetzt, alle ziehen an einem Strang.

Verkleinert sich der Aktionsradius von Oma und Opa, fahren Kinder und Enkel zu ihnen statt anders herum, schlägt Psychologe Andreas Winkler aus Leipzig vor. Je nachdem, wie belastbar die Älteren sind, könnten die Jüngeren bei ihnen übernachten oder wahlweise ein Hotelzimmer buchen. Erhard Hackler von der Deutschen Seniorenliga empfiehlt einen gemeinsamen Urlaub mit den Enkeln. Die Eltern könnten dann durch die Großeltern entlastet werden, die Kinder zusammen mit ihnen Schönes erleben – zumindest, falls es gut läuft. Denn wenn aus Distanz dauerhafte Nähe wird, birgt das auch Streitpotenzial. Dennoch: „Wenn man gemeinsam so viel Zeit am Stück verbringen kann, ist das für alle ein Highlight“, meint Psychologe Winkler.

Und wenn Besuche oder Urlaube wie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie mitunter nur eingeschränkt möglich sind? Schließlich zählen ältere Menschen zur Risikogruppe, weshalb in den vergangenen Monaten viele Großeltern auf Distanz gehen mussten, obwohl sie vielleicht im selben Stadtteil wie die Enkel wohnen. Dann muss man über andere Wege den Kontakt halten. Viele ältere Menschen hätten bereits eine Affinität zu neueren Medien und scheuten sich nicht davor, sie zu nutzen, hat Winkler beobachtet.

Erhard Hackler hat während der Kontaktbeschränkungen einmal am Tag über den Videotelefonie-Dienst Facetime mit seinen Enkeln gesprochen. „Ein bewegtes Bild ist viel lebendiger als die Stimme am Telefon“, so die Psychologische Psychotherapeutin Angelika Enzian aus Paderborn. Ein klassisches Telefonat ist aber natürlich besser als nichts. Je jünger die Enkelkinder sind, desto wichtiger sei es, dass sie mit den Großeltern direkten Kontakt erleben, erklärt Enzian, die Mitglied im Vorstand der Landesgruppe Westfalen-Lippe der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung ist.

Enzian regt eine regelmäßige Verabredung zum Video- oder Telefongespräch an. „Wer immer am Sonntag mit Oma telefoniert, für den wird die Oma zur Bezugsperson und dann ist es merkwürdig, wenn der Anruf mal nicht stattfindet.“ Die Eltern spielen dabei auch eine wichtige Rolle. Denn Kinder greifen atmosphärisch auf, wie ihre Eltern auf die Großeltern reagieren, so Enzian. Sie merken bereits an deren Tonfall, ob sie Lust dazu haben, die Oma oder den Opa anzurufen und diese Lustlosigkeit kann auf die Kleinen abfärben. „Zwang auszuüben hat dann keinen Zweck.“

Wem das liegt, kann es machen wie Erhard Hackler: Er hat seinen tierbegeisterten Enkeln ein Maulwurf-Märchen geschrieben, es als Sprachmemo aufgenommen und verschickt. „Wir drucken auch mal ein Gedicht aus und verschicken es oder einen Artikel für Kinder aus der Zeitung“, sagt er. Auch über gemalte Bilder, geschriebene Briefe und Ansichtskarten freuen sich die Enkel. „Schreiben Sie Ihre eigene Geschichte auf“, rät Angelika Enzian. Wer noch alte Fotos hat, kann diese zu einem Fotobuch zusammenstellen.

Geschenke oder Geld für die Enkelkinder kommen ebenfalls in Frage, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. „Geld ist eine gute Option, falls die Großeltern keine Möglichkeit haben, selbst Geschenke zu besorgen. Das können dann die Eltern machen“, sagt Enzian. Wem das alles zu viel wird und wer lieber seine Ruhe haben möchte, sollte den Mut haben, das so zu kommunizieren und in der Familie zu bereden, so Andreas Winkler. „Gerade Paare stellen sich aufeinander ein und kommen ohne viele weitere soziale Kontakte klar.“

Familientreffen etwa würden dann als zu laut und hektisch empfunden, weil sich die Älteren wegen ihres eingeschränkten Hörvermögens nicht mehr so gut an Gesprächen beteiligen können. „Das sollten Kinder akzeptieren“, meint Winkler. Dann sei ein kurzer Besuch eher das, was den Älteren guttut.