1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. EU-Knöllchen werden jetzt in Deutschland vollstreckt

Nur Geldstrafen einschließlich Verfahrenskosten ab 70 Euro EU-Knöllchen werden jetzt in Deutschland vollstreckt

02.11.2010, 04:15

Ab sofort können Knöllchen aus anderen EU-Staaten in Deutschland vollstreckt werden. Wer im Ausland beispielsweise zu schnell unterwegs war, kann jetzt zu Hause zur Zahlung gezwungen werden. Der ADAC hat zum neuen Vollstreckungsabkommen wichtige Fragen und Antworten zusammengestellt.

Frage: Ab welchem Betrag wird vollstreckt?

Antwort: Es werden Geldsanktionen einschließlich Verfahrenskosten ab einem Betrag von mindestens 70 Euro vollstreckt.

Frage: Werden auch Führerscheinentzug, Fahrverbot und Punkte vollstreckt?

Antwort: Nein. Die Vollstreckung umfasst nur Geldsanktionen. Im Ausland verhängte Führerscheinmaßnahmen gelten nur im Tatortland.

Frage: Wie läuft das Vollstreckungsverfahren ab?

Antwort: Auf Ersuchen des EU-Mitgliedstaats, der ein dort nicht bezahltes Knöllchen in Deutschland vollstrecken will, prüft das Bundesamt für Justiz (BfJ) die Zulässigkeit der Vollstreckung. Der Betroffene wird hierzu angehört und kann in der Anhörung oder im Einspruch gegen den Bewilligungsbescheid darlegen, weshalb die Vollstreckung unzulässig ist. Ohne Einwände wird der Bescheid rechtskräftig und zur Zahlung fällig. Wird nicht freiwillig gezahlt, folgt die Zwangsvollstreckung.

Frage: Wann lehnt das BfJ das Vollstreckungshilfeersuchen ab?

Antwort: Das BfJ wird die Vollstreckung verweigern, wenn sie unzulässig ist. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn das Verfahren in einer für das BfJ nicht verständlichen Sprache durchgeführt wurde, wenn der Betroffene in einem schriftlichen Verfahren nicht über seine Rechte belehrt wurde, wenn ein deutscher Kfz-Halter zuvor im Ausland erfolglos Einspruch mit der Begründung eingelegt hat, nicht selbst der Fahrer gewesen zu sein.

Frage: Kann sich der Betroffene gegen die Vollstreckung wehren?

Antwort: Ja. Stellt das BfJ nach erster Prüfung des Vollstreckungshilfeersuchens keine Zulässigkeitshindernisse fest, wird dem Betroffenen eine zweiwöchige Anhörungsfrist eingeräumt. Auch gegen den Bewilligungsbescheid kann Einspruch eingelegt werden. Im Rahmen dieser Anhörung kann der Betroffene geeignete Nachweise (zum Beispiel Einspruchsschreiben) vorlegen, aus denen sich ergibt, dass eine Vollstreckung nicht zulässig wäre.

Frage: Werden auch Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern vollstreckt?

Antwort: Nein.

Frage: Kann rückwirkend vollstreckt werden?

Antwort: Ja. Maßgebend ist das Ausstellungsdatum des ausländischen Bußgeldbescheides. Bescheide, die seit 28. Oktober 2010 erlassen werden, kommen also auch dann zur Vollstreckung, wenn die zugrunde liegende Tat viele Monate vorher begangen wurde.

Frage: Was droht bei Wiedereinreise ins Tatortland?

Antwort: Im Tatortland bleiben rechtskräftige Bußgeldbescheide und Gerichtsentscheidungen weiterhin vollstreckbar. Zu einer Vollstreckung kann es dort zum Beispiel im Rahmen einer Verkehrskontrolle kommen.

Weitere Hinweise gibt es vom ADAC unter www.adac.de/Auslandsbussgeld. Inwieweit es tatsächlich zu einer rigorosen Vollstreckungspraxis in Deutschland kommen wird, ist derzeit ungewiss. Das aufwändige Verfahren und die Tatsache, dass der Vollstreckungserlös im Vollstreckungsstaat (Deutschland) bleibt, könnten dem entgegenstehen. Im Zweifel rät der ADAC Betroffenen, die Hilfe eines Anwalts in Anspruch zu nehmen.