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Bis 2 Uhr können Trubel und Knallerei dauern / Die Sicherheit muss an erster Stelle stehen In der Silvesternacht darf es laut werden

28.12.2011, 04:23

Wer den Jahreswechsel ruhig und beschaulich verbringen möchte, sollte besser Urlaub auf einer einsamen Insel machen. in der Silvesternacht darf es laut werden - aber nicht unbegrenzt.

Düsseldorf (cbi) l Zum Neuen Jahr hat die Tradition Vorrang vor nächtlicher Ruhe. Da das Abbrennen von Feuerwerkskörpern zum neuen Jahr ein alter Brauch ist, der zudem von den meisten Menschen freudig begangen wird, muss die lärmempfindliche Minderheit sowohl den Krach von Böllern und Co. als auch von feiernden Nachbarn in der Silvesternacht dulden - bis zwei Uhr nachts darf der Trubel gut und gerne dauern.

Sicher aufbewahren

Nicht nur beim Vertrieb und beim Gebrauch von Feuerwerkskörpern soll die Sicherheit an erster Stelle stehen. Böller müssen auch sicher vor Kindern aufbewahrt werden. Anderenfalls können Eltern für die Folgen einer unsachgemäßen Knallerei verantwortlich gemacht werden. Die Arag-Experten verweisen auf einen Fall, in dem ein elfjähriges Mädchen ein Knalltrauma und einen vorübergehenden Gehörschaden durch Silvesterböller erlitt, die ihr ein 13-Jähriger nachgeworfen hatte.

Die Richter verurteilten die Mutter des Jungen zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von rund 1000 Euro, weil sie ihrer Aufsichtspflicht nur unzureichend nachgekommen war. Die Frau hatte die gut zehn Zentimeter langen Knaller zwar in ihrer Wohnung versteckt, der Sohn hatte diese aber trotzdem gefunden. Der Junge selbst hatte die Anschuldigungen zwar bestritten. Das Gericht sah die Vorwürfe aber durch Augenzeugen und den Klinikaufenthalt des Mädchens hinreichend belegt.

Nach Ansicht der Richter hätte die Mutter des kleinen Sprengmeisters deutlicher und bestimmter auf eine sichere Verwahrung hinwirken und die Knaller notfalls wieder aus der Wohnung bringen müssen, insbesondere da die Feuerwerkskörper teilweise für Jugendliche unter 18 Jahren verboten waren (LG München, Az.: 31 S 23681/00).

In Deutschland erhältliche Feuerwerkskörper müssen von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung zugelassen sein. In den öffentlichen Verkauf gelangen die Feuerwerkskörper der Klassen I und II. Feuerwerkskörper der Klasse I (zum Beispiel Knallerbsen, Wunderkerzen, Bengalisches Feuer) dürfen das ganze Jahr über verkauft werden. Feuerwerkskörper der Klasse II (beispielsweise Knallfrösche, China-Böller, Leuchtraketen) dürfen ohne Genehmigung hingegen in der Zeit vom 1. Januar bis einschließlich 28. Dezember nicht verkauft werden.

Die Experten weisen darauf hin, dass in jedem Fall Böller, Knaller, Kracher und Raketen der Klasse II ausschließlich an Personen abgegeben werden dürfen, die älter als 18 Jahre sind. Auch dürfen diese Produkte nur innerhalb von Verkaufsräumen veräußert werden. Ein Verkauf aus einem Kiosk oder in Verkaufspassagen ist verboten.

Für einen unfallfreien Jahreswechsel sind bestimmte Vorsichtsmaßnahmen in puncto Böller Co. unerlässlich. Experten raten dringend dazu, die Gebrauchsanweisung zur Abwechslung mal nicht nur genau zu lesen, sondern auch zu befolgen. Grundsätzlich sollten Feuerwerkskörper eine ausreichend lange Zündschnur haben und daraufhin überprüft werden, ob sie unbeschädigt sind. Ist zum Beispiel bei einer Rakete der Führungsstab gebrochen und angeknackst - Hände weg!

Zum Starten sollte der Stab in eine Flasche oder beispielsweise ins Gras oder einen Schneehaufen gesteckt werden. Auch sollte man unbedingt darauf achten, wohin die Rakete geschossen wird. In einem konkreten Fall wurde durch eine Rakete eine benachbarte Scheune in Brand gesetzt und ein erheblicher Schaden verursacht.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass wenn man mit gezündeten Feuerwerkskörpern auf dem Nachbargrundstück Schäden anrichtet, bei fahrlässigem Verhalten haftet (BGH, Az: V ZR 75/08). Wer es laut mag und auf den kostspieligen Krach nicht verzichten möchte: Nach dem Zünden schnell werfen und zwar nicht in Richtung Zuschauer. Hierbei weisen die Experten jedoch darauf hin, dass auch der Zuschauer bei einem Silvester-Feuerwerk gewisse Risiken eingeht, die er im Zweifelsfall selbst zu tragen hat.

Böller sind Spielwaren

In einem Urteil hat das OLG Naumburg entschieden, dass Böller in einem Spielwarengeschäft verkauft werden dürfen. Wie erstinstanzlich bereits das Landgericht Magdeburg, sah auch das Oberlandesgerichts Naumburg die Silvesterfeuerwerkskörper als Spielwaren an. Spielzeug umfasse nicht nur Gegenstände, mit denen Kinder spielen. Auch Erwachsene und Tiere spielen. So spielen auch und gerade Erwachsene Kartenspiele (Poker, Skat usw.) oder mit den elektrischen Modelleisenbahnen.

Seit einigen Jahren gibt es neue Medien, wie etwa Computerspiele. Auch Feuerwerkskörper werden über Jahrzehnte hinweg sowohl von Kindern und Jugendlichen als auch von Erwachsenen geschätzt. Spielen bedeutet einzig und allein sich zum Vergnügen, Zeitvertreib und allein aus Freude an der Sache selbst auf irgendeine Weise zu betätigen. Auch Feuerwerk dient allein dem Vergnügen des Betrachters, erläutern Arag-Experten die Entscheidung (OLG Naumburg, Az: 9 U 192/10).

Wer Feuerwerk kauft, sollte genau auf die Aufschrift achten. Die Vielzahl an Codenummern verschiedener Prüfstellen kann zu Verwirrung führen. "Ich habe schon Batterien gesehen, die fünf Nummern hatten. Da blickt keiner mehr durch", sagte die Sprecherin der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Ulrike Rockland. Entscheidend sei die Identifikationsnummer der BAM. Sie weist nach, dass der Artikel in Deutschland für den Verkauf zugelassen ist. "Wer ein Produkt kauft, das nicht zugelassen wurde, macht sich strafbar", warnte die Naturwissenschaftlerin.