1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Ostdeutsche lehnen Merkel-Kurs ab

Flüchtlinge Ostdeutsche lehnen Merkel-Kurs ab

Vier von fünf Menschen im Osten sind mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht zufrieden.

22.10.2015, 23:01

Magdeburg l Die Deutschen sind mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung mehrheitlich unzufrieden. Im Osten liegt dieser Anteil sogar bei 77 Prozent. Das hat eine repräsentative Umfrage des Meinungs- forschungsinstituts infratest dimap im Auftrag von MDR Info ergeben. 61 Prozent der Befragten im Osten glauben nicht an das Credo „Wir schaffen das!“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Sachsen-Anhalts Landespolitiker sind vom Ergebnis nicht überrascht. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte: „Es bestätigt mich in meiner bisherigen Aussage, dass Integration nur gelingen kann, wenn wir den Zustrom begrenzen.“ Haseloff hält 8000 bis 11 000 Flüchtlinge pro Jahr im Bundesland für gut integrierbar. 2015 werden bis zu 40 000 erwartet.

Die Grünen lehnen Obergrenzen ab. Vize-Fraktionschef Sören Herbst: „Unser Problem sind nicht die Flüchtlingszahlen, unser Problem ist die Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Überzeugungsarbeit sei jetzt die Hauptaufgabe. Er kritisiert, dass einige Bürgermeister viel jammern und die Wohnungswirtschaft immer noch keinen Plan habe, wie sie 55 000 leerstehende Wohnungen für Flüchtlinge herrichten könne.

Bemerkenswert: Die Anhänger der Linken (83 Prozent) sind mit der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nach denen der AfD am wenigsten zufrieden. Die Linke spricht sich wie die Kanzlerin gegen eine Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtlingen aus. Eine Kurskorrektur seiner Partei lehnt Linken-Fraktionschef Wulf Gallert aber ab. „Die Unzufriedenheit resultiert daraus, dass die Regierung keinen Plan hat, die Fluchtursachen zu bekämpfen“, meint er. „Ich glaube, dass wir bei der Landtagswahl keine Verluste zu befürchten haben. Die Wähler der Linken sind deutlich offener und solidarischer als andere.“

Der Magdeburger Politologe Wolfgang Renzsch bezweifelt das. Im Osten habe es jahrezehntelang eine sehr homogene Gesellschaft gegeben. Die hohe Zahl an Flüchtlingen durchbreche nun dieses Schema. „Damit tun sich vor allem einige ältere Linke-Wähler schwer“, sagte er. Renzsch glaubt aber nicht, dass das Thema Flüchtlinge die Landtagswahl im März entscheiden wird. „Im Winter wird sich der Strom von Flüchtlingen verringern. Die Problemlage sollte sich entspannen.“ Einen starken Rechtsruck erwartet er nicht. Rechtspopulistische Parteien seien häufig ein Übergangsphänomen, das sich von selbst erledige – wenn die etablierten Parteien „klare Kante“ zeigen würden. „Wir haben die NPD und die DVU überlebt. Da überleben wir den Rest auch.“

Die Landespolitiker schließen einen Rechtsruck nicht aus. „Es liegt jetzt an uns Demokraten in der Mitte, Handlungsfähigkeit zu zeigen“, sagte Haseloff. „Wir müssen auch die Chancen darstellen, die uns Zuwanderung bringen kann.“

SPD-Chefin Katrin Budde plädiert für Realismus, schnelle Verfahren und eine gesicherte Finanzierung. „Was die Menschen von uns in Sachsen-Anhalt erwarten können, ist, dass wir Ihnen die Wahrheit sagen und dafür sorgen, dass die Aufnahme und Unterbringung derjenigen, die auf der Flucht zu uns kommen, geordneter als bisher verläuft.“