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Drogen Rekord bei der Cannabis-Ernte

Der Polizei ist in dieser Woche ein Doppelschlag gegen den organisierten Drogen-Anbau gelungen.

Von Matthias Fricke 22.11.2015, 08:00

Gernrode l Ein Spezialeinsatzkommando und mehrere Fahrzeuge des Zolls rücken am Donnerstag auf das Gelände des ehemaligen Forstbetriebes in Gernrode-Haferfeld vor. Es riecht nach Gras, genauer gesagt nach Cannabis, als die Beamten die Türen des zweigeschossigen Gebäude öffnen. Zwei Vietnamesen im Alter von 29 und 30 Jahren kommen ihnen entgegen. Die„Gärtner“ werden von der Polizei festgenommen.

Bei der Durchsuchung des Gebäudes entdecken die Beamten professionelle Ausrüstung wie Wärmelampen, Elektroverteiler und ein ausgeklügeltes Belüftungssystem. „Wir haben dort 4000 Pflanzen vorgefunden“, sagt ein Sprecher des Zollfahndungsamtes Dresden. Dessen Beamten sind zuständig für das südliche Sachsen-Anhalt. Aus den sichergestellten Blütenbeständen könnten etwa 100 Kilogramm Marihuana hergestellt werden. Der Schwarzmarktwert betrage allein hier etwa eine Million Euro.

Auf die Spur der Plantage im Harz kamen die Zollfahnder nach dem bisher größten Plantagenfund in diesem Jahr vor vier Tagen in Coswig (Anhalt) im Landkreis Wittenberg. Dort konnten 5000 Pflanzen sichergestellt werden. Acht „Gärtner“ wurden festgenommen. Vier Beschuldigte im Alter von 40 bis 68 machte der Zoll als Hintermänner aus, Haftbefehle wurden erlassen. Unmittelbar im Anschluss durchsuchten die Zollfahnder 15 Wohnungen und Gewerberäume im Raum Berlin, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Nordthüringen und Hessen.

Nach einem Hinweis hatten die Fahnder und die Staatsanwaltschaft Halle schon im Februar die Ermittlungen aufgenommen. Ins Visier gerieten dabei zwei Deutsche, ein Türke und ein Vietnamese. Die Männer sollen mutmaßlich an der Beschaffung der Ausrüstung, Samen und Setzlinge beteiligt gewesen sein. Die Anlage war offenbar wie auch die in Gernrode auf eine langfristige kontinuierliche Produktion ausgerichtet.

In Coswig soll die nach außen als Firma getarnte Plantage sogar einen täglichen Stromverbrauch von 2500 Kilowattstunden verursacht haben. Die speziellen Wärmelampen, die Bewässerung und Lüftung benötigen entsprechenden Strom.

Erst Anfang November hatte die Polizei in einem hotelähnlichen Ferienheim in Sorge im Harz eine große Hanfplantage mit 700 Pflanzen ausgehoben. In Arendsee fand die Polizei am vergangenen Dienstag 60 Cannabis-Pflanzen. Erst Ende September hatte die Salzwedeler Polizei in der Altmark rund 270 Cannabis-Pflanzen entdeckt.

Diese sprießen zurzeit nur so aus dem Boden. In Sachsen-Anhalt ist die Rekordsicherstellungsmenge seit Bestehen des Landeskriminalamtes (LKA) von 11 200 Pflanzen im vergangenen Jahr schon jetzt deutlich mit mehr als 16 000 überschritten worden. Andreas von Koß vom LKA: „Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Es gibt offenbar immer mehr organisierte Banden, die für den regionalen Markt, aber auch für den Export arbeiten. Sie nutzen alte Lagerhallen oder leere Scheunen.“

Die Nachfrage wird auch größer: Nach einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom September dieses Jahres breitete sich der Konsum von Marihuana in sechs Jahren um 50 Prozent aus. 17,7 Prozent der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren gaben an, innerhalb eines Jahres mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. 2008 waren es noch 11,6 Prozent.