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Zwischenruf Nachspiel für den Professor

Thomas Rödel, Hochschullehrer in Merseburg, unterbrach die Kanzlerin bei ihrer Rede. Sein Arbeitgeber distanziert sich nun von ihm.

26.01.2016, 23:01

Merseburg/Halle l Thomas Rödel ist Professor an der Hochschule Merseburg. Seit August 2009 bringt er Studierenden seinen Fachbereich der organischen und makromolekularen Chemie näher. Am Montag war Rödel als Vertreter der Hochschule bei der Eröffnung des neuen Fraunhofer-Instituts in Halle eingeladen. Auch Angela Merkel würde da sein. Das wusste Rödel. Er sollte Hände schütteln, Kontakte knüpfen, die Hochschule repräsentieren.

Rödel sorgte tatsächlich für Aufmerksamkeit, aber anders als gedacht. Mitten in der Rede der Kanzlerin sprang er von seinem Stuhl auf und ergriff das Wort. „Frau Merkel“, sagt Rödel. „Deutschland und Europa sind eine Einheit. Sie machen einen Versuch und wissen nicht, wie das Experiment ausgeht. Von Ihnen als Physikerin erwarte ich eigentlich verantwortungsvollere Entscheidungen“, erklärte Rödel mit zittriger Stimme.

Merkel nahm den Vorfall gelassen. Doch der Auftritt des Professors könnte Folgen haben. Seine Hochschule distanzierte sich am Dienstag „sowohl inhaltlich als auch von der Art des Auftritts“, hieß es in einer Mitteilung. Professor Rödel sei als Angehöriger der Hochschule Merseburg und nicht als Privatperson zu der Veranstaltung eingeladen gewesen. „Ich habe den Professor aufgefordert, klarzustellen, dass das nicht die Meinung der Hochschule ist“, sagte Rektor Jörg Kibs der Volksstimme. Er werde nun das Beamtenrecht prüfen lassen und eventuell disziplinarrechtliche Schritte einleiten, so Kibs.

„Wir bedauern, dass ein Gast die Veranstaltung zur Bühne für seine privaten Ansichten gemacht hat“, sagte am Dienstag Clemens Homann, Sprecher des gastgebenden Fraunhofer-Instituts in Halle. Auf die künftige Zusammenarbeit mit der Hochschule Merseburg werde der Vorfall aber keine Auswirkungen haben.

Thomas Rödel ließ bis zum Dienstagabend zwei Anfragen der Volksstimme unbeantwortet.