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Zeitumstellung Einfach mal am Zeiger drehen

In der Nacht zu Sonntag werden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt. Muss das sein? Eine kurze Bestandsaufnahme in Magdeburg.

Von Massimo Rogacki 26.03.2016, 00:01

Magdeburg l Heino Busse runzelt ungläubig die Stirn. „Die Zeitumstellung kann mir nichts anhaben", sagt der Hausmeister der Grundschule Rothensee in Magdeburg. Soeben hat er die große, mechanisch betriebene Uhr in der Schule angehalten. Bevor der Unterricht am Dienstag wieder losgeht, wird er sie in den frühen Morgenstunden erneut in Gang setzen. Müde werde er sich dann trotz der Umstellung nicht fühlen, sagt er.

Heino Busse gehört zu den wenigen, die für die Umstellung auf die Sommerzeit noch auf Handarbeit setzen. Die meisten Uhren sind heutzutage funkgesteuert. Doch die mechanische Uhr der Rothensee-Grundschule ist eine absolute Ausnahme, sagt Magdeburgs Pressesprecher Michael Reif. „Alle anderen Schulklingel-Uhren sind Funkuhren", sagt Reif. Deshalb entstehen der Stadt bei der Zeitumstellung auch keine zusätzlichen Kosten.

Für die Stadtverwaltung ist die Zeitumstellung Routine, für die meisten Menschen nicht. Mediziner meinen: In den Tagen und Wochen nach der Umstellung treten Müdigkeit und Schlaf- störungen verstärkt auf - zurückzuführen häufig auf die Gewöhnung an die Sommerzeit. Autofahrer, die in den frühen Morgenstunden zur Arbeit fahren müssen, sind müde und unkonzentriert. Ob es nach der Umstellung auf die Sommerzeit vermehrt zu Unfällen kommt, darüber gibt es keine Statistiken. Erwiesen ist: Der Körper muss sich anpassen und steht unter Stress.

"Ich bin es gewohnt, früh aufzustehen", sagt Hausmeister Busse. Morgens um 5.30 Uhr steigt er in sein Auto, um zur Arbeit zu fahren. Nach Maßstab der Winterzeit ist es dann erst 4.30 Uhr. Die geraubte Stunde könne ihm trotzdem nichts anhaben. "Von mir aus könnte man die Zeitumstellung aber auch abschaffen", sagt der Hausmeister.

Noch gibt es die Zeitumstellung. 1980 wurde sie aus Gründen der Energieeinsparung in Deutschland eingeführt. Die Idee: Wird der Zeiger eine Stunde zurückgestellt, kann Strom gespart werden. Denn der Tag verschiebt sich damit um eine Stunde nach vorn. Ein Trugschluss. Energie- spareffekte sind nicht belegbar, kurzum: die Zeitumstellung ist antiquiert. Das belegt ein im Februar veröffentlichtes Bundestagsgutachten. Ob die neugewonnene Erkenntnis genügt, an einer europaweit geltenden Richtlinie zu rütteln, ist indes fragwürdig.

Wahrscheinlich ist, dass der nimmermüde Hausmeister Heino Busse auch in Zukunft selbst Hand anlegen muss, um die ehrwürdige Uhr in der Grundschule Rothensee umzustellen. Doch das macht ihm nichts aus. Ob zu nachtschlafender Stunde oder am hellichten Tag: Die Uhr ist derart wartungsintensiv, für das Müde-Sein bleibt ihm einfach keine Zeit.