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CDU, SPD, Grüne Marathon-Lauf zur Kenia-Koalition

CDU, SPD und Grüne haben in Magdeburg mehr als neun Stunden über die Bildung einer neuen Landesregierung verhandelt.

15.04.2016, 12:37

Magdeburg l Um 17.41 Uhr geht erstmals die Tür auf. Raucherpause. Durch den schmalen Türspalt ist zu erkennen, wie Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in sich gekehrt auf seinem Platz sitzt. Kurzes Durchschnaufen. Auch in den anderen Gesichtern ist eine leichte Anspannung nicht zu übersehen. Es ist vielleicht die Schlüsselsitzung von CDU, SPD und Grünen auf dem Weg zu einer Kenia-Koalition. Sie soll Ergebnisse bringen. Der Koalitionsvertrag soll festgezurrt werden.

Als CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt kurz den Raum verlässt, sagt er, man habe bisher etwa ein Drittel der Themen abgearbeitet – nach viereinhalb Stunden Verhandlung.

Die Gespräche ziehen sich hin. Die ersten Details sickern durch. Bei der Entlastung von Eltern bei den Kita-Beiträgen sollen die Partner eine Einigung erzielt haben. Dann geht es darum, das „Bibermanagement" im Koalitionsvertrag zu verankern – nicht jeder Teilnehmer scheint von diesem grünen Wunschthema begeistert.

Der Verhandlungsmarathon wird nur von Raucherpausen unterbrochen. Kurz nach 20 Uhr wird Pizza bestellt. Das deutet darauf hin, dass sich die Gespräche länger als erwartet hinziehen werden.

Vor der Sitzung gaben sich die Vertreter der Parteien betont freundlich und optimistisch. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte zu Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert: „Wir sind fit und auf jeden Wunsch vorbereitet."

Zwischen CDU und Grünen hatte es in den vergangenen Tagen heftige Missstimmungen gegeben. Klar ist nach Volksstimme-Informationen, dass sich die Parteien einig sind, die Zahl der Polizisten im Land von derzeit knapp unter 6000 bis zum Jahr 2020 auf 6400 aufzustocken. Dazu müssten jährlich 450 junge Polizisten eingestellt werden. Alle drei Parteien einer möglichen „Kenia"-Koalition hatten sich schon vor der Landtagswahl für mehr Polizisten ausgesprochen.

Einigkeit wurde in der zuständigen Arbeitsgruppe auch bei der Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge erzielt. Damit sollten bürokratische Anträge bei den Ämtern künftig entfallen. Die Gesundheitskarte soll den Angaben zufolge ohne die Krankenkassen eingeführt werden. Bislang muss ein erkrankter Flüchtling erst einen Antrag beim Sozialamt stellen, um einen Arzt besuchen zu dürfen. Mehrere Länder haben bereits solche Gesundheitskarten, vor allem aus der CDU gab es im Land bislang Bedenken.

In einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des DGB heißt es indes: „Sachsen-Anhalt braucht eine mehrheits- und entscheidungsfähige Landesregierung." Diesem Ziel müssten die Koalitionsverhandlungen dienen. Im Ergebnis der Landtagswahlen und den daraus entstandenen politischen Kräfteverhältnissen werde dies nur mit einer Regierung aus CDU, SPD und Grünen möglich sein. Weiter heißt es: „Mit Sorge betrachten wir die öffentlich wahrnehmbare Destabilisierung dieser Verhandlungen. Spekulationen über Duldungsmodelle durch die AfD halten wir für verantwortungslos."

Hintergrund ist, dass es in Teilen der Union Sympathien für eine CDU-Minderheitsregierung gibt.

Am Sonnabend trifft sich die CDU-Fraktion in Halle zu einer Sondersitzung, um über den Entwurf des Koalitionsvertrages zu beraten. Spätestens am Dienstag wollen die Parteispitzen die Verhandlungen abschließen. Dabei soll es auch um die Ressortverteilung gehen. Die Grünen dringen weiter auf zwei Ministerien, die CDU lehnt das ab. Zuletzt hatte es Bauernproteste gegeben, weil die Grünen-Basis auf das Umwelt- und Agrarministerium pocht.

Der Fahrplan der Koalitionsverhandlungen sieht vor, dass der Landtag am 25. April Regierungschef Haseloff zum Ministerpräsidenten wählt. Vorher sollen Parteitage noch grünes Licht geben. Die CDU tagt am 22. April, SPD und Grüne am Tag danach.