1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Kein Anschluss unter 115 auf dem Land

Draht zu Behörden Kein Anschluss unter 115 auf dem Land

Mit der Behörden-Hotline wollte Sachsen-Anhalt einen direkten Draht für Bürgeranliegen schaffen. Der Ausbau ist zum Stillstand gekommen.

Von Alexander Walter 30.12.2016, 00:01

Magdeburg l Wenn Halberstädter telefonisch ein Anliegen an die Verwaltung herantragen wollen, müssen sie erstmal suchen. Die Internet-Seite der Kreisstadt des Harzkreises weist für ihre Fachbereiche unterschiedliche Durchwahlen aus. Ob Kita-Platz, Ummeldung oder Wohngeldantrag – jeweils ist ein anderer Mitarbeiter zuständig. Ob die gewählte Nummer die richtige ist, erfährt der Bürger im Zweifelsfall erst im Gespräch.

So wie in Halberstadt läuft es in den meisten Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Dabei ist eine Vereinfachung seit Jahren geplant. Mit der Einführung der Behördennummer 115 wollten Bund und Land das Wirrwarr an Zuständigkeiten seit 2010 durch einen direkten Draht für sämtliche Bürger-Anliegen ersetzen. Sechs Jahre nach dem Startschuss bietet neben der Pilotregion Magdeburg und zwölf Kommunen im Bördekreis allerdings nur Halle die Nummer an. Die Händelstadt war 2013 zugleich die letzte Kommune, die dem Verbund beitrat.

Das zuständige Landes-Finanzministerium sieht den Grund für den Stillstand im Service-Versprechen der 115. Darunter fällt die Erreichbarkeit von 8 bis 18 Uhr. 65 Prozent der Anfragen sollen zudem beim ersten Gespräch beantwortet werden.

Um dies zu gewährleisten, seien Investitionen nötig, sagt Sprecher Wolfgang Borchert. Hierzu bestehe derzeit keine Bereitschaft oder Möglichkeit in weiteren Kommunen. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Beitritt gibt es nicht. Jede Kommune kann selbst entscheiden, ob sie die 115 anbieten will.

Timo Günther, Büroleiter des Oberbürgermeisters in Halberstadt, hält die Einführung für grundsätzlich wünschenswert. Angesichts einer andauernden Haushaltskonsolidierung komme sie derzeit aber nicht infrage, sagt er.

Die Stadt Stendal hat sich indes fürs Abwarten entschieden. „Wir beobachten die Entwicklung“, sagt Sprecher Klaus Ortmann. Grund für das Zögern seien weniger mögliche Kosten, sondern ein erheblicher Vorbereitungsaufwand. Insgesamt sieht der Stendaler Rathaussprecher das Projekt „ins Trudeln geraten“. Bund und Land machten bei der Umsetzung deutlich weniger Druck als noch vor Jahren. Auch deshalb stehe die 115 in Stendal nicht ganz vorn auf der Agenda.

Magdeburg hat unterdessen gute Erfahrungen mit der Service-Nummer gemacht. Mehr als ein Drittel aller Bürgeranrufe gehe inzwischen bei der 115 ein, sagt der zuständige Mitarbeiter Frank Ehlenberger. Die Verwaltung werde von vielen Routineanrufen entlastet. Die 115 erweise sich als geeignete Ergänzung zum Internet.

Die Bürger honorieren die Vorzüge der 115 offenbar. Zwischen 2013 und 2016 stieg die Anruferzahl in der Landeshauptstadt von 41 939 auf 47 100, ein Plus von 5161 oder 12,3 Prozent. In Halle hat die Zahl seit der Einführung sprunghaft von 2449 im Jahr 2014 auf 9369 bis November 2016 zugenommen. „Der leichte Zugang und die schnelle Bearbeitung sorgen für eine hohe Akzeptanz“, erklärt Sprecher Drago Bock die Entwicklung.

Trotz stagnierender Beteiligung der Kommunen stieg die Nutzerzahl zuletzt auch landesweit an. Registrierte das Bundesinnenministerium 2013 noch 57 530 Anrufer, waren es 2015 schon 73 751 – ein Plus von 28 Prozent.

Das Landesfinanzministerium erwägt, den Ausbau in der Fläche weiter voranzutreiben. In einer bundesweiten Arbeitsgruppe seien dazu Strategien erarbeitet worden, sagt Wolfgang Borchert. Vorbild könnte Hessen sein. Das Bundesland führte die 115 im Jahr 2013 flächendeckend ein.