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CDU-Parteitag Streit bei der Frauen-Union

In der Frauen-Union der sachsen-anhaltischen CDU tobt ein Streit. Auslöser ist ein Beschwerdebrief.

Von Michael Bock 08.05.2017, 01:01

Möckern l Sabine Wölfer weiß um die Turbulenzen, in denen sich die Frauen Union derzeit befindet. „Das ist alles dramatisch“, sagt sie am Sonntag der Volksstimme. „Vielleicht ist ein reinigendes Gewitter ganz gut.“ Die Landeschefin der mehr als 2000 CDU-Frauen ist verstärkt in den Fokus gerückt. Sie kämpft vehement für die Interessen der Frauen in der Landes-CDU. Und ist jetzt auf Konfrontationskurs gegangen. Das spaltet die Frauen Union. Wölfer hat Unterstützerinnen, aber auch viele Kritikerinnen.

Auslöser neuer Diskussionen ist ein vierseitiger, scharf formulierter Beschwerdebrief vom 26. April, unterzeichnet von Wölfer. Kernbotschaft: Frauen werden in der Landes-CDU untergebuttert. Hintergrund: Der Landesvorstand hatte zum Parteitag am vorigen Sonnabend in Möckern Vorschläge zur Landesliste für die Bundestagswahl vorgelegt. Danach stehen auf den zehn ersten Plätzen gerade einmal zwei Frauen. Damit würden Frauen „diskriminiert“, schreibt Wölfer. Sie droht, die Wahl anzufechten. Zwar wolle sie vermeiden, dass es zu einer Eskalation komme. Aber: „Wenn derartige Eskalationsstufen pressewirksam beschritten werden müssten, würde das gerade im Vorfeld der Bundestagswahl der Partei nicht förderlich sein.“ Der Justiziar der CDU-Bundesgeschäftsstelle, Peter Brörmann, wird „mit Nachdruck“ aufgefordert, auf den Landesvorstand einzuwirken, „die Landesliste satzungskonform zu gestalten“.

Nicht wenige in der CDU wollen in dem Brief ein gewisses Erpressungspotenzial erkennen. Wölfer sagt: „Mit Kuscheln kommen wir nicht weiter. Es muss ein Ruck durch die Partei gehen. Wir brauchen Veränderungen.“

Sie verweist darauf, dass im Land 50 Prozent der Wahlberechtigten Frauen seien. Bei der Aufstellung von Listen für Wahlen sieht die Satzung der Landes-CDU ein Frauenquorum von einem Drittel vor. Es handelt sich dabei um eine „Soll“-Bestimmung. Doch selbst dieses Drittel werde nicht eingehalten, sagt Wölfer. Im Brief steht der Satz: „Es kann beim besten Willen keine Rede mehr davon sein, dass hier Maß gehalten wird.“

Politikerinnen wie die Vize-Landeschefin der Frauen Union, Eva Feußner, stärken Wölfer den Rücken. Feußner, stets kämpferisch und streitbar, spricht von einer „Schieflage“ in der Partei. Carmen Niebergall, einst Staatssekretärin, sagt: „Der Landesvorstand muss sich im Klaren sein, dass sich die Welt in den vergangenen Jahren geändert hat. Die müssen wachgerüttelt werden.“

Andere Frauen kritisieren den Kurs von Wölfer heftig. So Gabriele Haseloff, die seit Jahren kommunalpolitisch in Wittenberg aktiv ist. „Ich fühle mich durch die Frauen Union nicht vertreten“, sagt die Ehefrau des Ministerpräsidenten. „Mich piepen solche Diskussionen an. Das macht die CDU für Frauen nicht attraktiv.“ Bettina Lange, Wittenberger Kreisvorsitzende, sagt: „Durch solide Arbeit kann man in der CDU was erreichen.“ Und überhaupt: „Ich bin auch von Männern gewählt worden.“ Christiane Nöthen, Kreischefin in Dessau-Roßlau, stimmt zu: „Wenn ich meine Arbeit vernünftig mache, kann ich in der CDU alles werden.“

Wie Heike Brehmer, die beim Parteitag mit 92,2 Prozent erneut zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gewählt wurde. Sie sagt: „Die Wahl findet in den Wahlkreisen statt. Und da haben alle Frauen die Möglichkeit, zu kandidieren.“ Insgesamt seien es aber nur wenige Frauen. „Wir müssen daran arbeiten, dass mehr Frauen sagen, wir wollen in die Politik.“

Parteitagskuriosum am Rande: Unmittelbar vor der Wahl der Listenplätze schlägt ausgerechnet ein Mann, Felix Böcker aus Naumburg, überraschend die Vorsitzende der Jungen Union, Julia Scheffler, für Listenplatz drei vor. Scheffler lehnt eine Kampfkandidatur ab. Sie sei mit dem Verfahren der Listenaufstellung zufrieden. Zwei Frauen auf der Liste seien „super“, sagt sie. Und Böcker? Der schüttelt den Kopf und sagt: „Da fehlen mir die Worte.“