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Abgas-Skandal Mehr als 160 Diesel-Opfer verklagen VW

Immer mehr Autofahrer aus Sachsen-Anhalt ziehen vor Gericht. Justizministerin Keding plädiert für Sammelklagen.

18.08.2017, 23:01

Magdeburg l Im Abgas-Skandal pochen immer mehr Sachsen-Anhalter auf Schadenersatz: Mindestens 167 Diesel-Fahrer aus dem Bundesland sind bislang vor Gericht gezogen. Als Konsequenz aus der Abgas-Affäre fordert Landes-Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) einen besseren Schutz der Verbraucher. Dazu gehören auch Sammelklagen.

Die 167 Diesel-Fahrer haben sich der Rechtsanwaltskanzlei Stoll & Sauer anvertraut, teilte diese auf Volksstimme-Anfrage mit. Die Juristen aus Baden-Württemberg vertreten deutschlandweit die meisten Geschädigten in der Affäre um den Volkswagen-Konzern. Zuletzt betreuten die Anwälte rund 8500 Mandanten, davon 380 aus Sachsen-Anhalt. Bislang haben die hiesigen Diesel-Fahrer in 167 Fällen Klage eingereicht, sagte Anwältin Frauke Brar.

Weil die deutsche Rechtslage anders als in den USA keine Sammelklagen zulässt, muss jeder Fall einzeln geprüft werden. Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) fordert nun einen besseren Schutz geschädigter Verbraucher. „Angesichts des offensichtlichen Ausmaßes des Diesel-Skandals müssen wir ernsthaft die Frage angehen, wie wir den kollektiven Rechtsschutz verbessern können. Geschädigten Verbrauchern muss es leichter gemacht werden, zu Entschädigungen zu kommen. Wir brauchen ein Modell, das in das deutsche Rechtssystem passt“, sagte Keding der Volksstimme.

Im Diesel-Skandal zeichnet sich eine einheitliche Rechtssprechung bislang nicht ab. „Die Chancen stehen 50 zu 50“, sagte Rechtsanwältin Brar. Im Juni war in Magdeburg in erster Instanz ein Passat-Fahrer erfolgreich. Das Landgericht entschied, dass ein Autohaus das Fahrzeug für 26 900 Euro nebst Zinsen zurückkaufen müsse. Im Gegenzug sollte der Kläger eine Nutzungs-Entschädigung von 6500 Euro an den Händler überweisen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wie ein Sprecher des Oberlandesgerichts Naumburg sagte, habe VW Berufung eingelegt.

Geschädigte Diesel-Fahrer aus Sachsen-Anhalt müssen zwar nicht zwangsläufig in ihrem Bundesland den Rechtsweg beschreiten, dennoch beschäftigt der Abgas-Skandal die hiesigen Juristen: An den Landgerichten in Halle, Magdeburg und Stendal sind nach Recherchen der Volksstimme insgesamt 54 Verfahren anhängig. Eine Handvoll Klagen liegen bereits in der nächsten Instanz beim Oberlandesgericht vor, sagte ein Sprecher.

Ob die Händler allerdings tatsächlich für das einstehen müssen, was Volkswagen falsch gemacht hat, ist noch nicht sicher. Klarheit dürfte erst ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofs bringen. Damit rechnen Justiz-Beobachter frühestens im ersten Halbjahr 2018.

Betroffene Diesel-Fahrer, die noch den Rechtsweg beschreiten wollen, sollten sich dennoch beeilen: Ende 2017 läuft die Klagefrist aus, danach droht die Verjährung möglicher Ansprüche gegen den Wolfsburger Autobauer.