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Adel verpflichtet Königsweg durch Sachsen-Anhalt

Das niederländische Königspaar Willem-Alexander und Máxima reist durch Ostdeutschland und macht einen Abstecher nach Sachsen-Anhalt.

Von Elisa Sowieja 08.02.2017, 00:01

Wittenberg l Ob seine Frau einen Knicks machen muss? Gute Frage, das liest Kees de Vries nochmal nach. Bisher weiß er nur, dass ihr Kleid knielang sein soll. Die beiden haben auch schon eine Farbwahl für ihre Robe und seine Krawatte getroffen: Orange – perfekt für ein Treffen mit dem niederländischen Königspaar. Der Landwirt aus Deetz bei Zerbst gehört zu den Auserwählten, die am Donnerstag zum Abendessen nach Wittenberg ins historische Rathaus eingeladen sind. Der Ministerpräsident hat ihn auf die Gästeliste gesetzt – vermutlich, weil er mit der Kombination Holländer und Bundestags-Abgeordneter einen für den royalen Besuch sehr vorzeigbaren Sachsen-Anhalter abgibt.

Seit Dienstag touren König Willem-Alexander und seine Máxima schon durch Ostdeutschland. Erst ging es nach Thüringen, dann nach Sachsen. Donnerstagmittag machen sich die beiden von Leipzig aus auf den Weg nach Sachsen-Anhalt. Urlaub ist die Reise nicht. Sie soll die wirtschaftlichen Beziehungen vertiefen. Auf der Liste der wichtisten Exportländer für Sachsen-Anhalt stehen die Niederlande auf Platz sieben, beim Import sind sie sogar auf Rang vier. Wir beliefern die Holländer vor allem mit Tierfutter und Arznei, sie uns mit Kunststoffen. Zudem gibt es eine enge Zusammenarbeit in der Chemieindustrie. Abgesehen davon tauscht man sich seit Jahren über Hochwasserschutz aus.

Die Kultur soll beim Trip durch Sachsen-Anhalt auch nicht zu kurz kommen – vor allem im Reformationsjahr. Einen stattlichen Teil dazu beitragen wird Pfarrerin Hanna Kasparick. Die Direktorin des Evangelischen Predigerseminars, zu dem auch die Wittenberger Schlosskirche gehört, führt die Majestäten am Donnerstagnachmittag durch das Gotteshaus, an deren Tür Martin Luther vor 500 Jahren seine 95 Thesen angeschlagen und so die Reformation losgetreten haben soll.

Kasparick hat bei ihrer Führung auch zwei Holland-Trümpfe im Ärmel, verrät sie. Erstens: ein Bronzemedaillon, das Johannes Calvin zeigt, Reformator der zweiten Generation unter anderem für die Niederlande. Zweitens: ein Glasbildnis von Garspard de Coligny, auch ein Reformator. Der war zwar Franzose, aber seine verwitwete Tochter heiratete den niederländischen Fürsten Willem von Oranien. Und dann hat Hanna Kasparick auch noch etwas Persönliches eingeplant: „Zum Schluss werde ich einen Segenswunsch für die beiden sprechen.“ Ein bisschen aufgeregt ist sie schon, gesteht die Pfarrerin. Allerdings ist sie auch schon so etwas wie ein alter Hase, wenn‘s um den Empfang von Majestäten geht: Margarethe von Dänemark hat sie schon dreimal getroffen, zuletzt Anfang Oktober zur Einweihung der Schlosskirche. Ein paar Tage später führte sie das schwedische Königspaar herum.

Wer einen Blick auf Willem-Alexander und Máxima werfen möchte, hat übrigens vor und nach dieser Führung die besten Chancen, und zwar vom Schlossplatz und vom Markt aus. Nicht schlecht stehen die Erfolgsaussichten auch, wenn man sich am Freitagnachmittag vor dem Schloss in Oranienbaum postiert. Der Besuch dort bildet den Abschluss der Reise durch Mitteldeutschland.

Zu Oranienbaum hat das Königshaus eine besondere Beziehung. Denn die Stadt ist nach Henriette Catharina von Oranien-Nassau benannt, niederländische Prinzessin und Frau des Fürsten Johann Georg II. von Anhalt-Dessau. Oranienbaum hieß ursprünglich Nischwitz. Als Nischwitz im 17. Jahrhundert in ihren Besitz überging, ließ sie die Stadt zu einem Ensemble aus Stadt, Schloss und Park gestalten. Ihr zu Ehren wurde Nischwitz dann umbenannt.

Apropos besondere Beziehung: Die Sachsen-Anhalter können froh sein, dass die Niederländer ihr Königspaar haben für ein paar Tage gehen lassen. Denn die sind riesige Fans von Willem-Alexander und Máxima. Zum Königstag am 27. April, der offiziellen Geburtstagsfeier des Monarchen, gehen jedes Jahr Tausende Menschen mit Klamotten in der Landesfarbe Orange auf die Straße, um den beiden zuzujubeln. Und als die beiden 2002 heirateten, sahen weltweit 900 Millionen Leute im TV zu.

Auch Emiel Hondelink gehört zu den Fans des Königspaares. Der gebürtiger Holländer, der heute in Magdeburg lebt, kann die Begeisterung seiner Landsleute mit wenigen Worten erklären: „Die Familie mischt sich nicht in die Politik ein, sondern sorgt dafür, dass man sich mit Holland identifiziert.“ Das wiederum gelinge ihr mit Bodenständigkeit: „Alexander und Máxima sitzen nicht auf einem hohen Ross. Ihre Kinder gehen auf eine stinknormale staatliche Schule.“ So kommt es, dass Hondelinks Nichte – sie lebt wie die royale Familie in Wassenaar – sogar schon gegen eine Königstochter Hockey gespielt hat. Prinzessin Amalia stand im Tor der gegnerischen Schulmannschaft.

Die meisten Sympathiepunkte in der Bevölkerung gehen auf das Konto von Königin Máxima. Dafür wiederum hat Kees de Vries eine einfache Erklärung parat: „Es ist der gleiche Effekt wie bei Prinzessin Diana in England. Sie ist der Liebling der Nation, weil sie pure Lebensfreude ausstrahlt.“

Davon konnte sich der Landwirt übrigens schon live überzeugen: Vor sechs Jahren, bei einem Besuch von Willem-Alexander und Máxima in Berlin, war er zu einem Stehempfang eingeladen, da konnte er Máxima kurz die Hand schütteln.

Selbst ein Abendessen mit dem niederländischen Königshaus ist für ihn nichts Neues: Als Willem-Alexanders Mutter Beatrix in ihrer Amtszeit in Dessau war, stand de Vries auf der Gästeliste im Kornhaus. Und wie sieht es bei solch einem Empfang aus? „Dort waren etwa 100 Leute, verteilt auf drei Tafeln.“ Er saß neben dem holländischen Außenminister.

„Schon damals war es eine Ehre für mich, dass ich dabei sein durfte“, erinnert er sich. Nur eines fand er schade: „Ich dachte, dass ich mit Beatrix ein paar Worte auf Holländisch wechseln kann. Aber dafür war leider keine Zeit, es lief alles streng nach Protokoll.“

Vielleicht hat er ja diesmal Glück. Wer weiß, ob Máxima Herrn und Frau de Vries nicht spontan auf deren Farbwahl anspricht.