Pandemie und Widerstand AfD nutzt Corona-Proteste in Deutschland aus
Laut einer Studie von Dresdner Wissenschaftler versuchen Rechtspopulisten in ganz Europa, aus der Pandemie politisch Profit zu schlagen. Die AfD ist hierbei besonders in Sachsen unterwegs.

Magdeburg - So sehr Facebook auch umstritten ist – das Internetnetzwerk kann nützlich sein. Von März 2020 bis April 2021 analysierten Wissenschaftler der TU Dresden die Beiträge von rechtsextremistischen Parteien aus zwölf europäischen Ländern auf Facebook für die Studie „Corona und Rechtspopulismus“.
„Bislang ist die Pandemie nicht unbedingt ein Gewinnerthema für Rechtspopulisten gewesen“, erklärt Hans Vorländer. Der Dresdner Politologe ist Direktor des Midem (Forum Migration und Demokratie)
sowie Leiter der Studie. Aber dieRechten hätten dort Erfolg gehabt, wo sie an bestehende populistische Einstellungen einzelner Bevölkerungsgruppen anknüpfen konnten.
„Insofern sind Rechtspopulisten noch populistscher geworden, weil sie versuchen, die Enttäuschung, die Ängste, die Sorgen, die Ressentiments und die Bedrohungsgefühle zuzuspitzen und mobilisierungsfähig zu machen.“ Kurz: Über die offiziellen Facebook-Kanäle abzusahnen beim Protest.
Für die AfD und ihr Auftreten speziell in Sachsen kommt die Midem-Jahresstudie zu folgenden Ergebnissen:
- Verschwörungstheorien haben an Bedeutung gewonnen. Dazu gehört die radikale Kritik an den staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.
- Die Neigung zu einem coronabezogenen Verschwörungsdenken wird von populistischen Orientierungen und subjektiven Verlustgefühlen, und nicht durch Fremdenangst oder autoritäre Einstellungen befördert.
- Dies deutet darauf hin, dass die Kritik an den Corona-Regeln nicht entlang der klassischen ideologischen Unterscheidungen zu aktivieren ist. Sondern das Vertrauen gegenüber dem Wirken politischer Eliten, das Maß an Zutrauen in die eigene politische Selbstwirksamkeit sowie das Gefühl, gegenüber anderen zurückgesetzt zu sein und nicht gerecht behandelt zu werden.
Hans Vorländer folgert: „Die Kritik an den Corona-Maßnahmen der sächsischen Landesregierung bietet auch den Resonanzboden für Rechtspopulisten.“
Für die Gesamtstudie verweist der Wissenschaftler auf den Unterschied zwischen rechtspopulistischen Parteien, die sich in die Regierung befinden, oder Rechtspopulisten in der Opposition. Bei Regierungsbeteiligung werde das Thema durch Rechtspopulisten oft versachlicht. In der Opposition passiere das Gegenteil: „Dort nutzen sie die Pandemie zur Schärfung ihres Profils.“
Marta Kozlowska beschreibt das am Beispiel Polens. Die regierende rechtspopulistische PiS-Partei habe von Beginn der Pandemie an versucht, eine nationale Anstrengung gegen Corona zu propagieren und zu organiseren. Dieser Pragmatismus habe seinen Ausdruck in der Impfkampagne, den Quarantäne-Regeln und dem Rettungsschirm für die Wirtschaft gefunden.
Noch rechts neben der PiS steht in Polen die Konfederacija-Partei, die einen scharfen Anti-Kurs gegen die Regierungspolitik fährt. Laut Kozlowska nach dem Motto: „Jeder hat die Freiheit, das zu machen was er will.“