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Angeln Die Jagd nach dem Super-Fang

Veit Wilde gilt europaweit als Raubfisch-Experte. Sein Beruf, seine Freizeit - alles dreht sich bei dem 34-Jährigen ums Angeln.

23.09.2020, 23:01

Magdeburg l Petriförder, Magdeburg, später Dienstagnachmittag. Veit Wilde hockt gerade auf einem kleinen Stein am Elbufer. „Wir versuchen heute mal einen Rapfen oder Barsch zu bekommen", sagt der Angel-Profi und öffnet das Stahl-Vorfach, das am Ende der Angelsehne baumelt. Zwei schnelle Handbewegungen später hängt der Kunstköder und los geht‘s. Mit Gummistiefeln ausgestattet, geht Wilde noch einen Meter weiter in die Elbe hinein, wirft die Angel aus und ... „oh, das war schon der erste Biss". Kurz bewegt sich die Spitze der Spinnrute ruckartig, dann kommt der Wobbler ohne Fisch am Haken wieder am Ufer an. Ein ungewohnter Anblick für Wilde.

Der 34-Jährige gilt als Raubfisch-Experte, hat unter anderem zweimal die Profi-Liga der Angler gewonnen. Ein Angel-Ausflug ohne Fangerfolg gibt‘s bei ihm selten. Das wissen Europas Hobby-Angler zu schätzen. Wilde bietet Angel-Touren in Hamburg und Magdeburg an – und ist bis Ende September 2021 (!) ausgebucht. „In 95 Prozent aller Fälle fangen wir auch was", verspricht der Profi-Angler.  Der gebürtige Hallenser hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Alles fing damit an, dass er bei einem Ausflug mit seinen Großeltern als Achtjähriger an einem Teich stand und Karpfen beim Fressen zusah. Kurzerhand baute Wilde eine Angel aus einem Stock und einem Strick selber – und fing prompt etwas. Noch im gleichen Jahr legte er seine Fischereischein-Prüfung ab. Doch bis aus der Leidenschaft eine Berufung wurde, vergingen einige Jahre. Zunächst absolvierte Wilde eine Aus-
bildung zum Umwelttechniker.

Während dieser Zeit schrieb der heute 34-Jährige immer mal wieder Artikel für die Angel-Zeitschrift „Blinker". „Als ich dann gesehen habe, dass sie einen Volontär suchen, habe ich mich beworben." Mit Erfolg. So wurde Wilde zum Fach-Journalisten, ehe er bei der Firma MB Fishing anheuerte und dann bei Fishing Tackle Max (FTM) landete. Bei dem Großhändler für Angelbedarf mit Sitz in Oschersleben arbeitet Wilde als Produktmanager und entwickelt Angelruten und Kunstköder. Dafür ist er auch schon mal in China unterwegs, um sich direkt vor Ort und damit in den Fabriken von der Qualität der eigenen Kreationen zu überzeugen. „Ein Traumjob", sagt Wilde, der gleichzeitig im Profi-Team von FTM an zahlreichen Angel-Wettbewerben europaweit teilnimmt. Wenn dann noch Zeit bleibt, geht er seiner Berufung auch noch nach Feierabend nach – und zwar immer mit einer Strategie. Das passt zu ihm. Der gebürtige Hallenser wirkt nicht wie jemand, der etwas gern dem Zufall überlässt. „Jeder ist seines Glückes Schmied", glaubt der Profi und geht dementsprechend auch nicht unvorbereitet seiner Leidenschaft nach. Es gehe immer um die Frage, wie er den Fisch überlisten könne. Hier, direkt unterhalb des Restaurants am Petriförder beispielsweise, befände sich eine Sandbank in der Elbe. „Und unterhalb der Kante dieser Sandbank gibt es einen ruhigen Platz, wo keine Strömung herrscht, da stehen die Raubfische drin und ruhen sich aus", sagt Wilde.

Mit schnellen, wuchtigen Armbewegungen wirft Wilde immer wieder die Angel aus. Plötzlich bewegt sich etwas am Ende der Rute. „Jetzt haben wir einen Barsch", sagt Wilde, der gerade noch dabei ist, den Köder samt Fang an Land zu ziehen. Er hat Recht. Am Anderen Ende zappelt ein mittelgroßer Barsch. Genau das mache die Leidenschaft am Angeln für ihn aus. „Da ist immer der Nervenkitzel, weil ständig etwas anbeißen könnte", sagt der Profi. Diesem Nervenkitzel sind in Sachsen-Anhalt mittlerweile immer mehr Menschen auf der Spur. Insgesamt sind in Sachsen-Anhalt rund 43 000 Angler in 101 Vereinen organisiert. Und 2020 werden noch einige neue Mitglieder hinzukommen, glaubt Uwe Bülau, Präsident des Landesanglerverbands Sachsen-Anhalt (LAV). „In der Corona-Hochzeit war und ist das Angeln ja quasi das einzige Hobby, dem Jugendliche und Kinder ohne Einschränkungen nachkommen können."

Wilde will es jetzt wissen. Ortswechsel. Hier, nahe der Herrenkrugbrücke in Magdeburg, war der Profi schon des Öfteren erfolgreich. Gerade montiert der 34-Jährige einen Gummifisch mit Bleikopf ans Stahlvorfach. „Dann wollen wir mal schauen, ob wir einen Zander kriegen." Eigentlich ist dafür aber noch nicht der richtige Zeitpunkt, erklärt der Profi. Der Zander sei ein sehr lichtempfindlicher Fisch und geht meistens erst nach Einbruch der Dämmerung, wenn das Wasser trüber wird, auf Beutezug. „Nur im Sommer kann man den Zander wegen der Algenblüte auch ganztägig gut fangen." Und Wilde muss es wissen, immerhin gilt er als Zanderkönig. „Viele sagen immer, der Zander ist schwer zu fangen und genau das motiviert mich." Doch das war nicht immer so. Erst, als Wilde als 14-Jähriger mit seinem Schüler-Ferien-Ticket von Halle nach Magdeburg reiste und am Cracauer Wasserfall einen fast ein Meter großen Zander aus der Elbe fischte, war die spezielle Leidenschaft für den Raubfisch geboren.

In Sachsen-Anhalt sei vor allem der Muldestausee im Landkreis Anhalt-Bitterfeld für das Fangen von Zandern prädestiniert. „Aber auch die Elbe hat einen guten Fischbestand." Und wenn dann ein Angelausflug, so wie heute, doch mal ohne größeren Fang ende, sei das halb so wild. „Beim Angeln wird man nämlich auch immer wieder daran erinnert, dass die Natur stärker ist und man nichts erzwingen kann."