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Anonymer Brief Neue Vorwürfe gegen Bereitschaftspolizei

Ein anonymer Briefeschreiber erhebt schwere Vorwürfe gegen Sachsen-Anhalts Bereitschaftspolitei.

Von Michael Bock 19.11.2020, 11:09

Magdeburg l Seit kurzem untersucht eine Kommission, ob antisemitische und rassistische Einstellungen in Sachsen-Anhalts Bereitschaftspolizei bestehen. Jetzt gibt es neue Vorwürfe. In einem anonymen Schreiben, das am Montag im Innenministerium einging, ist die Rede von „rechtem Macho-Klima“. Zudem wird auf eine in Teilen fremdenfeindliche Haltung hingewiesen. Wenn bei der Bereitschaftspolizei Worte wie „Kanacke“ oder „Ziegenficker“ fielen, „dann fühle ich mich im Dienst nicht mehr wohl und verstehe, warum manche Bürger das Vertrauen in uns verlieren“, heißt es.

Und: „Vor allem in letzter Zeit bemerke ich unangenehmes Verhalten, wenn es um die Corona-Krise geht.“ Die Polizei müsse eine Vorbildfunktion einnehmen und sich „nicht den Leugnern und Querdenkern anschließen“. Diese Einstellungen und Stammtischparolen seien aber jedem Zugführer und wahrscheinlich auch allen anderen Hundertschaftsführern bekannt, „denn sie teilen sie ja oft genug auch selbst“.

In dem Brief heißt es zudem, es würden geschmacklose Bilder und sogar 86a-Kennzeichen in privaten Whatsapp-Gruppen ausgetauscht. Zu den Kennzeichen, die von der Strafvorschrift erfasst werden, können neben Symbolen wie dem Hakenkreuz auch Parolen wie „Heil Hitler“ zählen. Der Briefeschreiber will indes anonym bleiben, „da ich sonst als Nestbeschmutzerin ausgrenzt und gemobbt werde“.

Die Linke sprach Mittwoch von schwerwiegenden Vorwürfen. Innenpolitikerin Henriette Quade sagte, Rassismus, Korpsgeist und Druck auf diejenigen, die das problematisierten, „sind keine Einzelfälle, sondern ein strukturelles Problem in der Polizei“. Mehr denn je zeige sich, dass vorhandene Beschwerde- und Kontrollmechanismen nicht ausreichten, wenn Verfasser anonymer Briefe Angst vor Ausgrenzung, Repression und Karriereende hätten. Quade fordert eine „glaubwürdige und ernsthafte Aufklärung“.

Die Grünen verlangen die Einsetzung eines unabhängigen Polizeibeauftragten, an den sich Polizisten wenden könnten, ohne den Dienstweg einhalten zu müssen. „Ich bin froh, dass die Mauer des Schweigens innerhalb der Polizei zu fallen scheint“, sagte Innenpolitiker Sebastian Striegel. „Aber es spricht Bände, dass die Zuständigen erst durch einen anonymen Brief von der rechtsradikalen Chatgruppe erfahren haben.“

SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben sagte: „Die Vorwürfe sind schwerwiegend. Und man muss leider annehmen, dass sie nicht völlig aus der Luft gegriffen sind.“ Der Innenminister müsse die Sachverhalte aufklären. Genauso wichtig sei das Schaffen einer Führungskultur in der Bereitschaftspolizei, „die garantiert, dass Vorgesetzte nicht weggucken, und Beamte, die Missstände ansprechen, nicht als Nestbeschmutzer gelten“.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Ein Sprecher sagte nur, das Schreiben sei der Staatsanwaltschaft zugeleitet worden: „Fragen hierzu bitte ich deshalb an die zuständige Staatsanwaltschaft zu richten.“