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Architektur Bau-Trend ist schön und teuer

Kommunale Unternehmen und Genossenschaften bauen in Sachsen-Anhalts Innenstädten wieder neue Häuser. Trotz Leerstand.

Von Jens Schmidt 04.04.2018, 01:01

Magdeburg l Gut 30.000 kommunale und genossenschaftliche Wohnungen stehen leer. Doch viele Mieter wollen nicht dorthin, wo die vergleichsweise günstigen Plattenbauten stehen. Sie wollen Annehmlichkeiten, die viele Häuser aus den 70er und 80er Jahren nicht bieten. Barrierefrei, Aufzug, Fußbodenheizung, ebenerdige Dusche, kurze Wege zu Arzt und Läden. „Die Ansprüche vieler Mieter haben sich geändert“, sagt Gudrun Bubke, Chefin der Wohnungsbaugesellschaft Salzwedel.

Unter den neuen Kunden sind Ältere, die in den 90ern aufs Land gezogen waren, nun ihr Häuschen verkaufen und in die Stadt zurückkehren. „Diese Mieter sind gern bereit, einen Euro mehr auszugeben für Komfort und Platz.“ Derzeit baut die Wobau ein Haus mit 16 Wohnungen – es ist ihr zweiter Neubau nach der Wende in Salzwedel.

Richtig geklotzt wird in Magdeburg. Die städtische Wobau und zwei Genossenschaften errichten Mitten in der Stadt das neue Domviertel mit 230 Wohnungen, Geschäften und Tiefgaragen. Mehr als 120 Millionen Euro werden investiert. Nächstes Jahr sollen die ersten einziehen. Die Mieten bewegen sich je nach Lage zwischen 7 und über 10 Euro kalt. Das ist im Vergleich zu Standard-Wohnungen (ab 6 Euro/qm) nicht wenig. „Die Nachfrage im hochpreisigen Segment ist sehr groß“, sagt Wobau-Geschäftsführer Peter Lackner.

Hinzu kommen rasant steigende Baukosten und immer mehr teure Vorschriften für Brand- und Wärmeschutz. Kletterten die Baupreise früher im Mittel um ein bis zwei Prozent im Jahr, so sind es seit 2015 etwa 5 Prozent jährlich, sagt Lackner. Ein Mangel an günstigen Wohnungen – wie etwa in Berlin oder westdeutschen Metropolen – sieht Lackner für Magdeburg dennoch nicht. „Der Markt hier ist gesund. Wir bieten für alle Einkommensklassen genügend Wohnraum.“

Doch in Magdeburg geht es nicht allein um Komfort. Die Landeshauptstadt wächst. Mittlerweile wohnen 238.000 Menschen in der Stadt, das sind 10.000 mehr als 2011. Bis 2030 wird ein weiteres Plus von 8000 prognostiziert. Magdeburg ist neben Halle die einzige größere Stadt, die in Sachsen-Anhalt zulegt. Die anderen werden trotz einiger Rückkehrer aus den Dörfern Einwohner verlieren. Dennoch wagen auch Kleinere den Neubau, um qualitativ Schritt zu halten. So baute die Wobau Schönebeck moderne Mehrgeschosser am Marktplatz.

In Oschersleben hat die Wohnungsgenossenschaft die erste ihrer vier geplanten Stadtvillen fertig. In Wolmirstedt stehen drei neue Stadthäuser kurz vor der Übergabe. Auch in Haldensleben, Halberstadt oder Stendal wurde in Neubauten investiert. Verhaltener läuft es etwa in Genthin. Zwei ältere Häuser werden jetzt zwar modernisiert. „Aber wir müssen auch noch fleißig abreißen“, sagt Wobau-Chef Michael Weber. 282 Plattenbau-Wohnungen kommen dieses Jahr weg.

Trotz des Baubooms geht der Abriss landesweit weiter. Pro Quadratmeter gibt es einen Zuschuss von 60 Euro. Unterm Strich ist die Abrissbirne aber wesentlich teurer. Starke Unternehmen und Genossenschaften bekommen das hin, viele Private aber nicht, stellt das Bauministerium fest. Resultat: Viele Altbauten gammeln vor sich hin.

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