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Auftragsvergabe Rechnungshof kontra Umweltressort

Im Zusammenhang mit einem knapp 400.000 Euro teuren Auftrag kritisiert der Landesrechnungshof das Umweltministerium.

Von Michael Bock 01.09.2020, 07:10

Magdeburg l Landesrechnungshofpräsident Kay Barthel sagte Montag, der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) des Landtags habe die Argumente des Umweltressorts zur Auftragsvergabe „in Bausch und Bogen kassiert“. Die Landtagsjuristen hätten eine „vernichtende Stellungnahme“ vorgelegt. Barthel: „Dieser schließt sich der Rechnungshof hundertprozentig an.“ Heißt: Auch die obersten Kassenprüfer konstatieren schwere Mängel bei der Auftragsvergabe.

Es geht um das von der Landesregierung beschlossene Klima- und Energiekonzept. Dieses sieht vor, Treibhausgas-Emissionen zu senken. Mit einem „Monitoring“ soll kontrolliert werden, ob die erwarteten CO2-Einsparungen erreicht werden oder nicht. Dazu hatte das Umweltministerium einen Auftrag über 383.556,50 Euro ausgelöst.Das aber hätte nach Auffassung der Landtagsjuristen und des Rechnungshofes die Zustimmung des Finanzausschusses erfordert. Hintergrund: Nach einem Transparenzbeschluss des Landtags braucht die Regierung vor dem Abschluss von Beraterverträgen, Gutachten und Studien mit einem Volumen ab 20.000 Euro grünes Licht vom Finanzausschuss. Das aber passierte nicht. Die Ministeriumsspitze schob die Auftragsvergabe im Alleingang an.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Scheurell wirft dem Umweltressort vor, es habe „vorsätzlich gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen“. Das Ministerium habe rechtswidrig gehandelt: „Es wurde getrickst, getäuscht, verdunkelt.“

Kritik kam gestern auch von der oppositionellen Linken. Finanzpolitikerin Kristin Heiß: „Das Verhalten des Umweltministeriums ist abenteuerlich. Wir hätten nach den Erfahrungen aus dem Untersuchungsausschuss mehr Sorgfalt erwartet.“ Zugleich sagte sie, die Fixierung der CDU auf das Umweltministerium sei sehr auffällig: „Wir haben es hier wohl weniger mit fachlichen Interessen, als vielmehr mit Zwistigkeiten zweier sich auseinandergelebter Koalitionspartner zu tun. Wenn die CDU auch bei ihren eigenen Häusern so kritisch wäre, hätten wir in dieser Legislatur mehrere hunderttausend Euro bei Auftragsvergaben einsparen können.“

Die AfD erklärte, die Stellungnahme der Landtagsjuristen habe „eindeutig die Rechts- wi­drigkeit der Vergabe des Beratervertrags“ bestätigt. Es stehe zudem immer noch der Verdacht im Raum, „dass die Ausschreibung nur pro forma durchgeführt wurde und das Ausschreibungsergebnis vorher schon feststand“, sagte Finanzpolitiker Robert Farle. Sollte sich dies bewahrheiten, wäre das „ein Skandal erster Güte, und der Rücktritt von Umweltministerin Dalbert wäre unvermeidlich“.

Das Ministerium betonte, die Vergabe sei „rechtmäßig“ erfolgt. Das Monitoring sei „in den Anmerkungen zum Haushalt explizit erwähnt“, heißt es auf Volksstimme-Anfrage. „Damit ist dem Transparenzbeschluss des Landtages Rechnung getragen. Eine erneute Zustimmung der Landtagsausschüsse vor Zuschlagserteilung war daher nach unserer Rechtsauffassung nicht notwendig.“ Der Landtag und das Finanzministerium hätten die Einleitung eines Vergabeverfahrens ermöglicht. „Damit konnte das Landesamt für Umweltschutz das Vergabeverfahren Ende 2019 einleiten. Mit der Einleitung und insbesondere mit dem Ende der Angebotsfrist durften potenzielle Bieter auf eine Zuschlagerteilung vertrauen. Dies bestimmt das Vergaberecht. Ein Vergabestopp durch den Landtag ist daher ab diesem Zeitpunkt nicht möglich.“

Mittwoch befasst sich der Finanzausschuss mit dem Thema. Dessen Vorsitzender ist der Abgeordnete Olaf Meister. Der Grünen-Politiker, sonst nur selten um ein offenes Wort verlegen, äußerte sich jetzt – gar nicht.