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Autobahnbau Diesel-Betrug verzögert Bau der A143

Möglicherweise muss das erlaubte Tempo auf der künftigen Autobahn 143 weiter gedrosselt werden. Ein Grund ist der Dieselskandal.

Von Jens Schmidt 30.12.2017, 00:01

Magdeburg l Der Weiterbau der A 143 bei Halle verschiebt sich erneut. Eigentlich sollte die Planung bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Doch daraus wird nichts. Neuer Termin: Bis Ende März 2018 will das Landesverwaltungsamt den Planbeschluss geschrieben haben. Dann werden die Akten mit ihren etwa 1000 Seiten öffentlich ausgelegt. Klagt niemand, springt die Ampel im Mai 2018 auf Grün - nach 13-jähriger Verzögerung.

Grund für den neuerlichen Zeitverzug ist der Diesel-Betrug vieler Autohersteller. Da die Wagen deutlich mehr Stickoxide in die Luft jagen als auf dem Papier angegeben, müssen die Planer neu rechnen. Denn: Die Stickoxidbelastung gehört zu den heikelsten Punkten bei diesem Vorhaben.

Die Autobahn führt westlich von Halle durch die streng geschützte Porphyrkuppenlandschaft. Trockenrasen und seltene Orchideen wie das Kleine Knabenkraut gelten als höchst empfindlich gegen Stickoxide. Auch deswegen war Sachsen-Anhalt beim ersten Anlauf für einen Weiterbau schon mal gescheitert. 2005 waren die Pläne fertig. Der Naturschutzbund Nabu klagte und gewann 2007 am Bundesverwaltungsgericht. Um die Natur besser zu schützen, haben die Planer daraufhin einen dort vorgesehen Autobahn-Tunnel extra verlängert. Außerdem soll für das Gebiet ein Tempolimit von 100 gelten.

Das reduziert den Ausstoß von Abgasen. Allerdings war man in den Berechnungen bislang von den geschönten Werten ausgegangen. Nun wird geprüft, ob etwa das Tempolimit verschärft oder die Langsamfahrstrecke verlängert wird. „Allerdings müssen wir auch in die Zukunft schauen: Und da wird es bei der Abgasreinigung und der Flottenzusammensetzung sicherlich Änderungen geben“, sagt Straßenplaner Jörg Przesang vom Verkehrsministerium. „Das wird jetzt alles abgewogen.“

Sollte im Mai 2018 die Genehmigung vorliegen, ist die A 143 frühestens 2022 fertig. Wegen der Saalebrücke und des Landschaftstunnels ist ihr Bau sehr aufwändig. Zudem ist sie die teuerste Autobahn Sachsen-Anhalts. Für die 12 Kilometer wurden zuletzt 250 Millionen Euro veranschlagt. Es können angesichts galoppierender Baupreise aber auch 300 Millionen Euro werden.

Gut zwei Jahre im Plan-Verzug ist auch die A 14. Die Unterlagen für die fehlenden Abschnitte liegen voraussichtlich erst Ende 2018 oder Anfang 2019 vor. Hier mussten die Planer vor allem beim Wasserschutz nacharbeiten, da die EU-Richtlinie strengere Anforderungen stellt. Hinzu kommen personelle Probleme: Für die Planfeststellung zuständig ist ein 20-köpfiges Referat beim Landesverwaltunsgamt in Halle. Das bearbeitet von der Autobahn über jede Ortsumfahrung bis zum kleinsten Radweg Dutzende Vorhaben im Jahr. Die Verfahren sind verkehrstechnich wie juristisch höchst anspruchsvoll. „Die sind am Limit“, heißt es intern. Nachdem Protestrufe bis zum Ministerpäsidenten durchgedrungen waren, ist erste Besserung in Sicht: Zwei Leute werden zusätzlich eingestellt.

Außerdem werden vier einst zeitliche befristete Stellen zu unbefristeten Posten aufgewertet. Dennoch: Liegen die Pläne nächstes Jahr öffentlich aus, und es erhebt niemand Klage, dann stehen 2019 für alle noch fehlenden Abschnitte die Ampeln auf Grün. Es folgt meist ein Jahr Bauvorbereitung (Archäologie, Umweltschutz), dann könnten ab 2020 die Bagger für den Streckenbau anrücken und die Piste wäre 2022/2023 fertig.

Sollte jemand klagen, geht das Verfahren direkt zur obersten Instanz an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Am heikelsten ist die Elbe-Querung bei Wittenberge; dagegen wird am ehesten juristischer Widerstand durch Umweltverbände erwartet. Zwischen Klage und Urteil liegen erfahrungsgemäß etwa zwei Jahre. Sind die Pläne juristisch wasserdicht, gibt auch das Gericht grünes Licht. Die Baugenehmigung erginge dann also 2021 und die Piste wäre 2024 fertig.

Es sei denn, die Planungsbehörden verlören und müssten nacharbeiten. Davon gehen die für die Planung zuständigen Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg freilich nicht aus. Denn: Wären sie von der Korrektheit ihrer Planungen nicht überzeugt, dürften sie die gar nicht öffentlich auslegen. Der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) in Berlin ist da offenbar weniger optimistisch. Er sagte vorige Woche dem NDR: „Ich sage, dass wir bis 2030 alles fertig haben wollen.“

2030? Das sorgte für helle Aufregung und glühende Telefonleitungen. Dem Vernehmen nach rief auch Ministerpäsident Reiner Haseloff (CDU) beim Bundesverkehrsministerium an. Sein Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) sagte jetzt der Volksstimme: „Wir bleiben dabei: Ziel ist es, dass Anfang der 20er Jahre die A 14 komplett befahrbar ist.“

Während hier gestritten wird, können sich die Nordlichter zurücklehnen. Mecklenburg-Vorpommern hat vorige Woche seinen letzten Abschnitt feierlich eröffnet. Im Norden ist die A 14 nunmehr von Karstädt (Brandenburg) über Schwerin bis nach Wismar an der Ostsee auf 100 Kilometern durchgehend befahrbar. In Sachsen-Anhalt sind bei Colbitz erst gut fünf Kilometer fertig. Der nächste Abschnitt bis Tangerhütte ist seit August im Bau. Für die daran anschließende Etappe bis Lüderitz bei Stendal ist im Sommer 2018 der erste Spatenstich vorgesehen. 2021 kann dann der Verkehr auf insgesamt 21 weiteren Kilometern rollen. Meinung

Hier geht es zum Kommentar von Jens Schmidt zu Verzögerung beim Autobahnbau.