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Badeunfälle Kein Geld für Rettungsschwimmer

Nur wenige Badegewässer in Sachsen-Anhalt sind überwacht. Den klammen Kommunen fehlt dafür oft das Geld. Das kann tragische Folgen haben.

Von Jörn Wegner 29.07.2016, 01:01

Magdeburg l 15 Personen sind im vergangenen Jahr in den Gewässern Sachsen-Anhalts ertrunken. In der Statistik der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) liegt das Land damit auf Platz 11. Zum Vergleich: Bayern verzeichnet mit 112 die meisten Ertrunkenen, im Ostseeland Mecklenburg-Vorpommern waren es 27, im seereichen Brandenburg 34.

Die DLRG kritisiert nun fehlende Rettungsschwimmer an Binnengewässern, in denen 80 Prozent aller Badetoten zu verzeichnen waren.

In Sachsen-Anhalt ist der Anteil der unbewachten Gewässer hoch. An den hunderten Seen und Flüssen im Land gibt es 72 offizielle Badestellen, davon sind gerade 38 bewacht, an fünf weiteren Stränden stehen wenigstens zeitweise Rettungsschwimmer zur Verfügung.

„Das ist das Problem“, sagt DLRG-Sprecher Achim Wiese. Eine Badestelle bewachen zu lassen, kostet Geld. Verantwortlich dafür sind die Kommunen. Die müssten eine Gefahrenanalyse veranlassen und für die entsprechende Ausrüstung sorgen – angesichts leerer Kassen für viele Gemeinden eine große Hürde. „Es ist wesentlich billiger, den Hausmeister zu bitten, ein Baden-verboten-Schild aufzustellen“, so Wiese.

Der Plattensee bei Gommern ist ein Beispiel für eine der zahlreichen offiziellen, aber unbewachten Badestellen im Land. Zwar müssen die Besucher für das Strandbad Eintritt zahlen, ein Rettungsschwimmer ist aber nicht im Preis inbegriffen. Gommerns parteiloser Bürgermeister Jens Hünerbein nennt den Grund: „Das können wir aus wirtschaftlichen Gründen nicht sicherstellen.“ Mit den Eintrittsgeldern werden Reinigung und der Betrieb von Toiletten und Umkleidekabinen sichergestellt. Schon seit Jahren gibt es an den meisten Kommunalgewässern keine Rettungsschwimmer mehr. „Es ist immer sinnvoll, Profis vor Ort zu haben“, sagt der Bürgermeister. Leider sei dies aber nicht möglich. Neben der Kostenfrage gebe es aber auch zu wenige Rettungsschwimmer, so Hünerbein.

DLRG-Sprecher Wiese weist dies zurück. „Wenn man bei uns ernsthaft anfragt, finden wir immer einen Weg.“ Rettungsschwimmer stünden zur Verfügung.

Von Personalnot spricht auch Roland Krebs, Ordnungsamtschef der Stadt Oberharz am Brocken. Auf deren Gebiet liegt einer der beliebtesten Seen des Harzes – in dem das Baden streng verboten ist. Trotzdem zieht der Blaue See mit seinem klaren Wasser bei warmem Wetter viele Menschen an.

Die Stadt Oberharz musste 2013 in die Zwangsverwaltung, die Finanzlage ist bis heute extrem angespannt. Es gebe andere bewachte Bäder im Stadtgebiet, sagt Krebs, außerdem liege der Bergsee auch auf Blankenburger Gebiet. Die Frage nach Rettungsschwimmern am See habe noch nie auf der Tagesordnung der Stadtpolitik gestanden.

Am Tod der am Wochenende im Heidesee Ertrunkenen sind hingegen weder DLRG noch Kommune schuld. Der Mann und das Kind sind abseits des bewachten Strandbads ins Wasser gegangen. Eine Obduktion ergab mittlerweile, dass der Mann betrunken war. Warum die Mutter mit einem Kind ohne Schwimmkenntnisse an einem unbewachten Strand baden war, ist noch Teil der Ermittlungen.Meinung