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Bargeldverkehr Cash ist üblich - auch über 5000 Euro

Vielleicht kommt bald die 5000-Euro-Bargeldgrenze. Wer hantiert heute noch mit so viel Geld? Mehr als man denkt, so eine kleine Umfrage.

Von Oliver Schlicht 17.03.2016, 00:01

Magdeburg l Die EU prüft zurzeit die Einführung einer einheitliche Obergrenzen für Bargeldzahlungen. Das Bundesfinanzministerium hat eine 5000-Euro-Grenze vorgeschlagen. Und in der Europäischen Zentralbank (EZB) wird über eine Abschaffung des 500-Euro-Scheins nachgedacht. Wie verbreitet ist das Cash-Zahlen noch in Sachsen-Anhalt?

Bares bekommt, wer genug Geld hat, von der Bank. Eine Anfrage beim Ostdeutschen Sparkassenverband, wie oft und in welcher Höhe Bargeldbeträge über 5000 Euro ausgereicht werden, führt ins Leere. „Unsere Statistiker erheben solche Daten nicht“, so eine Mitarbeiterin in Berlin.

Mathias Geraldy, Pressesprecher der Stadtsparkasse Magdeburg, holt Erkundigungen ein. Ergebnis: „In den Magdeburger Fillialen werden mehrfach täglich Bargeldbeträge von über 5000 Euro ausgezahlt. Das ist durchaus üblich.“ Genauere Angaben zur Höhe will er nicht machen. Aber das Beispiel zeigt: Mit großen Bargeldbeträgen Geschäfte zu machen, ist nicht ganz selten.

Und wer das Geld nicht von der Bank bekommt, geht zum Pfandhaus. „Hier laufen die Geschäfte fast ausschließlich mit Bargeld“, erzählt Daniela Heuer, Geschäftsführerin vom Pfandleihhaus Magdeburg. Bargeldauszahlungen von mehreren tausend Euro, zum Beispiel für Goldschmuck, seien „nicht alltäglich, aber kommen im Laufe von Monaten regelmäßig vor“. 90 Prozent der beliehenen Gegenstände würden wieder ausgelöst – gegen Bares.

Im Wernigeröder Antiquitätengeschäft von Thomas Beyer wäre der Handel ohne Bargeld nicht vorstellbar. „Ich komme gerade von einer Auktion in Konstanz. Dort wird wie fast immer auf Auktionen mit Bargeld bezahlt“, erzählt er. Gleiches gelte für Ankäufe auf Märkten oder bei Wohnungsauflösungen. „Hier in Wernigerode kaufen Touristen gern antike Möbel, die wir dann in die Wohnung liefern und aufbauen. Der Kunde zahlt bar, wenn der Schrank aufgebaut in seiner Wohnung steht.“ Der Anteil von Geschäften, bei denen der Wertanteil 5000 Euro übertrifft, betrage etwa 30 bis 50 Prozent. „Und da gilt überwiegend: Ware gegen Geld“, so Thomas Beyer.

Häufig werden auch im Autohandel Fahrzeuge in bar bezahlt. „Das ist keine Seltenheit, sondern kommt regelmäßig vor“, erzählt Florian Hanke, Verkaufsleiter im Autohaus Meyer, Hohenwarsleben. Und das nicht nur bei alten Gebrauchtwagen, sagt er. „Wir haben aktuell 600 Fahrzeuge auf dem Hof stehen. Das sind überwiegend EU-Neuwagen und Jahreswagen.“ Einbußen durch eine 5000-Euro-Bargeldgrenze befürchtet der Verkaufsleiter kaum. „Die Kunden werden sich darauf einstellen.“

Bei anderen befragten Autohändlern wird eine Bargeldgrenze mit Sorge gesehen. Vor allem der überwiegend in bar abgewickelte Verkauf von Altfahrzeugen an Wiederverkäufer aus Osteuropa könnte zurückgehen.

Allerdings sichern sich schon heute Händler ab, indem sie bei Verkäufen Daten zu Käufern und Fahrzeugen erfassen, die das Geldwäsche-Gesetz verlangt, berichtet ein Magdeburger Verkaufsleiter. Ein Autoaufkäufer aus Osteuropa, der solche Angaben macht, dürfte eigentlich auch eine elektronische Geldüberweisung nicht scheuen, so die Hoffnung.

Was brächte eine 5000-Euro-Bargeldverkehr-Grenze außer Frust in Handel und Gewerbe? Einen Rückgang von Kriminalität? „Wohl kaum“, sagt Andreas von Koß, Sprecher des Landeskriminalamtes. „Bargeld wird unabhängig von gesetzlichen Regelungen das wichtigste Zahlmittel der organisierten Kriminalität bleiben.“

Geschäfte im Drogenmilieu, im Waffenhandel, bei Schutzgelderpressungen – alles läuft nur gegen cash. Der LKA-Sprecher nennt Beispiele: 2014 wurde ein Falschgeldtransport von 40 000 Euro aus Italien nach Schönebeck abgefangen. 2015 entdeckten Ermittler in einem Pkw, der aus den Niederlanden kam, einen elektronisch gesicherten doppelten Kofferraumboden voll mit Drogen und Bargeld.

Und manchmal bunkern selbst Ganoven ihre Bargeldschätze unter der sprichwörtlichen Matratze. „Es gab in Magdeburg einen Fall, da hatte ein Räuber seine Beute unter der Wasserbett-Matratze versteckt“, erzählt von Koß schmunzelnd. Ein gutes Versteck. Die Wasserbett-Matratze wog mehrere hundert Kilogramm.

Nach Informationen der EU-Verbraucherzentren gibt es aktuell in Deutschland wie auch in Österreich, Zypern, Slowenien, Island, Litauen und Lettland keine Einschränkungen. Grundsätzlich keine Höchstgrenze für den Einkauf von Waren gibt es in Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Ungarn, den Niederlanden, Großbritannien und Irland. In einigen dieser Länder gelten Einschränkungen für Unternehmen. Händlern ist es dort auch überwiegend freigestellt, Bargeld nur bis zu einer bestimmten Höhe entgegenzunehmen.

In Estland kann Bargeld ab 50 Geldstücken oder Geldscheinen verweigert werden, egal, wie hoch der Wert ist. In den Niederlanden müssen Bargeldzahlungen über 2000 Euro an staatliche Behörden gemeldet werden. In Spanien gilt für Einheimische eine 2500-Euro-Grenze, Ausländern, die in Spanien leben, sind 15 000 Euro gestattet. In den übrigen EU-Ländern gelten Bargeldverkehr-Beschränkungen unterschiedlicher Höhe. Die Bandbreite reicht von Frankreich (1000 Euro), Griechenland (1500 Euro) über Italien (2999,99 Euro) und Slowakei (5000 Euro) bis Polen (15 000 Euro).