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Coronakrise Land schreibt Einlasskontrollen vor

Ab Mittwoch gelten nun neue Vorschriften, auf die Sachsen-Anhalter etwa beim Einkaufen achten müssen.

25.03.2020, 05:57

Magdeburg (dpa) l Noch steigen die Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 in Sachsen-Anhalt – und zwar deutlich. Am Dienstagnachmittag gab es 377 bestätigte Fälle, am Vortag waren es noch knapp über 300. "Genau um diese Zahl, die noch täglich steigt, geht es, wir wollen sie nicht mehr steigen lassen", sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Dienstag und begründete damit einschneidende Beschränkungen. Zu den bekannten Vorgaben zu geschlossenen Einrichtungen und Verhaltensregeln kommen einige Änderungen dazu. Sie treten in der Nacht zu Mittwoch in Kraft.

Was ändert sich akut?
Sachsen-Anhalter müssen sich auf Einlasskontrollen bei Supermärkten, Drogerien, Post, Bank und Baumarkt einstellen. Die neue Landesverordnung schreibt eine Höchstzahl an Kunden im Geschäft vor. Demnach müssen die Läden mit Einlasskontrollen sicherstellen, dass sich nie mehr als ein Kunde je zehn Quadratmeter Verkaufsfläche im Markt aufhält. Damit soll der allgemein geltende Sicherheitsabstand von 1,5 Metern auch in den Geschäften gewährleistet werden, um das Ansteckungsrisiko mit dem neuartigen Coronavirus zu minimieren, wie Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) die neuen Vorgaben begründete. Die Läden sind zudem angehalten, Warteschlangen, etwa an den Kassen, möglichst kurz zu halten.

Wie weit reicht meine Bewegungsfreiheit?
Bis zum 5. April gelten die neu erlassenen weitgehenden Kontaktsperren. Das heißt, die Sachsen-Anhalter dürfen sich im Freien nur mit einer Person bewegen, die nicht mit ihnen unter einem Dach lebt. Zudem ist es nur noch aus triftigen Gründen erlaubt, die eigene Wohnung zu verlassen: Einkäufe, dringende Arztbesuche sowie besondere familiäre Anlässe zählen ebenso darunter wie Spaziergänge und Sport an der frischen Luft. "Sie sind nicht eingesperrt zuhause", betonte Gesundheitsministerin Grimm-Benne.

Dabei sei es durchaus zulässig, auf direktem Wege auch etwas entfernte Parks und Ausflugsziele anzusteuern, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums. Das sollte mit Augenmaß passieren. "Wer in Wittenberg wohnt, kann ins Wörlitzer Gartenreich fahren, aber von Zeitz möglichst bitte nicht an den Arendsee", nannte sie Beispiele. Ministerin Grimm-Benne betonte, dass der Aufenthalt im eigenen Kleingarten ebenso erwünscht ist wie Grabpflege auf dem Friedhof.

Was ändert sich für Familien?
Ab jetzt können mehr Eltern die Notbetreuung in den geschlossenen Kitas und Schulen in Anspruch nehmen. So ist eine Notbetreuung jetzt auch möglich, wenn nur ein Elternteil in einem medizinischen, pharmazeutischen oder veterinärmedizinischen Beruf arbeitet. Ansonsten gilt wie bisher, dass nur Familien auf die Notbetreuung zugreifen können, bei denen beide Eltern in unverzichtbaren Berufen arbeiten. Zudem hat die Landesregierung entschieden, die Kitas und Schulen eine Woche länger als bisher geschlossen zu lassen. Sie sollen frühestens am 20. April wieder öffnen. Begründung: Solange gelten auch die Schließungsanordnungen für Läden, Bars, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Friseure.

Kommt eine landesweite Regelung für die Kita-Gebühren?
Ja und Nein. Ja, weil die Landesregierung jenen Familien mit den Elternbeiträgen finanziell helfen will, die besonders hart von den Corona-Folgen betroffen sind. Sozial- und Innenministerium sind beauftragt, eine entsprechende Lösung zu erarbeiten, wie Regierungschef Haseloff ankündigte. Wie die genau aussehen wird und wer davon profitiert, ist damit noch offen. Das Land will aber nicht generell einspringen und die Elternbeiträge trotz geschlossener Kitas übernehmen. Das war zuletzt von einigen Landtagsabgeordneten gefordert worden. Einige Kommunen haben bereits entschieden, den Eltern die Kitagebühren für die Zeit der Schließung zu erlassen.

Was passiert, wenn ich gegen die Regeln verstoße?
Verstöße gegen die Verordnung werden als Straftat eingestuft. Das Gesetz sieht Geldstrafen und bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe vor. Diese Möglichkeit solle jedoch nur bei schweren Verstößen genutzt werden, sagte Ministerin Grimm-Benne. Als Beispiel nannte sie, wenn sich Menschen im Freien weiterhin in großen Gruppen zu sogenannten Corona-Partys treffen oder Picknicks veranstalten. Dann müsse die Polizei die Möglichkeit haben, mit einer Strafanzeige zu reagieren, sagte Grimm-Benne. Polizei und Ordnungsamt sind seit Tagen und zum Teil in gemeinsamen Teams im Land unterwegs, um über die Regeln zu informieren und sie zu kontrollieren. Bisher berichteten Polizei und Ordnungsamt jedoch, dass die meisten Menschen einsichtig und vernünftig auf Aufforderungen und Hinweise reagierten.

Was wird getan, um besonders gefährdete Menschen zu schützen?
Sachsen-Anhalt verbietet jetzt auch Besuche in Pflege- und Alteneinrichtungen. Für Krankenhäuser gilt das schon länger. Alte und kranke Menschen gelten als besondere Risikogruppen und sollen daher besonders vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt werden. Ausnahmen seien in Einzelfällen möglich, sagte Ministerin Grimm-Benne und warb um Verständnis. Zudem gelte die Bitte, dass möglichst viele Pflegebedürftige aus der Tagespflege genommen werden. Ähnlich wie bei den Kindern sollten Angehörige versuchen, ihre Eltern und Großeltern zunächst möglichst zuhause zu betreuen.

Wie will Sachsen-Anhalt finanziell helfen?
Schon von Montag (30.03.) an sollen Betriebe beim Land Anträge stellen können, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen sind. Das kündigte Regierungschef Haseloff an. Zunächst sollen Formulare im Netz bereit gestellt werden, die ausgefüllt werden können. Schrittweise soll die Beantragung komplett online möglich sein. Das Land plant sowohl Soforthilfen, die vor allem Solo-Selbstständigen sowie kleinen und mittelständischen Betrieben zugute kommen sollen. Zudem versicherte Haseloff erneut, dass das Land auch für Schäden aufkommen wird, die durch die angeordneten Schließungen von Läden und Einrichtungen entstehen.

Wie genau die wirtschaftlichen Hilfen aussehen, will das Land am Donnerstag vorstellen. Die Regierung hat sich nur wenige Tage nach Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021 dafür entschieden, den Etat um 500 Millionen Euro aufzustocken, um auf die Corona-Pandemie reagieren zu können. Schon kommende Woche soll der Landtag einen Nachtragshaushalt in Höhe von 500 Millionen Euro beschließen, wie Finanzminister Michael Richter (CDU) ankündigte.