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DiskriminierungPolizisten fühlen sich diskriminiert

Sachsen-Anhalts Polizisten fürchten zukünftig in Berlin eingesetzt zu werden. Grund ist ein neuer Gesetzesentwurf.

Von Matthias Fricke 29.05.2020, 06:47

Magdeburg l Polizisten fürchten, künftig bei Einsätzen in Berlin auch grundlos wegen Diskriminierung angezeigt zu werden. Ihre Sorge: Sie müssen ihre Unschuld beweisen und nicht wie bisher umgekehrt.

Beamte in ganz Deutschland sind deshalb aufgebracht. Auch Sachsen-Anhalts Landesvorstände der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Grund: Die Beamten müssten bei Großeinsätzen regelmäßig auch nach Berlin fahren.

Tritt das Gesetz der rot-rot-grünen Koalition so in Kraft, befürchtet Sachsen-Anhalts BDK-Landeschef Peter Meißner dies: „Dann werden auch Beamte der Länder, die in Berlin zum Einsatz kommen, diskriminiert.“ Der Gesetzentwurf würde die gängige Rechtsprechung aushebeln. Bisher muss immer der Kläger seine Ansprüche geltend machen und nicht der Beklagte seine Unschuld beweisen. Die Beamten müssten nachweisen, sich nicht diskriminierend verhalten zu haben. Zahllose ungerechtfertigte Anzeigen könnten die Folge sein. Dabei sei der Gleichbehandlungsgrundsatz ohnehin schon im Grundgesetz verankert. Wie Meißner forderte auch sein Kollege Uwe Bachmann von der GdP noch Anfang der Woche, keine Beamten mehr bis zur Klärung nach Berlin zu schicken. Diese Aussage sei angesichts der im Grundgesetz (Art. 35) festgeschriebenen Verpflichtung gegenseitiger Bund-Länder-Hilfe aber eher „rhetorisch gemeint“ gewesen. Bachmann bleibt dennoch dabei: „Wir sehen den Entwurf als ein politisch motiviertes Misstrauensvotum gegen alle Kollegen der Polizei Berlin sowie alle potenziellen Unterstützungskräfte, also auch gegen unsere Kollegen aus Sachsen-Anhalt.“ DPolG-Landeschef Olaf Sendel: „Wir fordern eine Abstimmung der Länder in der Innenministerkonferenz. Wir brauchen dringend Rechtssicherheit.“

Sachsen-Anhalts Innenministerium will sich „zum Gesetzgebungsverfahren anderer Länder nicht äußern“. Es gebe für Polizisten im Land aber keine Auswirkungen. Die Gewerkschaften sehen das anders. Ungerechtfertigten Disziplinarverfahren wären laut GdP Tür und Tor geöffnet.

Sebastian Brux, Sprecher des Berliner Justizsenators, sagte auf Nachfrage: „Das Gesetz hat für den einzelnen Polizisten, weder aus Berlin noch aus einem anderen Bundesland, Konsequenzen. Denn nach einer festgestellten Diskriminierung ist allein die Berliner Behörde schadenersatzpflichtig.“

Das Gesetz soll am 4. Juni im Berliner Senat beschlossen werden. Zwar forderte die Berliner CDU-Fraktion, das Vorhaben zu stoppen. Zwei Ausschüsse passierte das Papier aber schon. Das Gesetz, mit dem Bürger Schadenersatz für Diskriminierung durch staatliche Stellen einklagen können, „ist im Grunde ein Wahnsinn“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dem „Tagesspiegel“. Seite 4