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Drohnen-Zentrum Cochstedt probt den Neustart

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) baut auf dem Flughafen Cochstedt ein Testzentrum für Drohnen.

Von Massimo Rogacki 17.06.2020, 11:41

Cochstedt l DLR-Luftvorstand Rolf Henke steht in der früheren Feuerwehrhalle des Flughafens Cochstedt vor einer metergroßen Simulation. Drohnen schweben durch die Luft, auf dem Flugfeld steht ein Verkehrsflugzeug. Das Bild hat Aussagekraft. Das DLR will am Flughafen im Salzlandkreis hoch hinaus. Lange krisengeschüttelt, am Mittwoch (17. Juni) auf einer Infomationsveranstaltung. Tests finden schon jetzt statt und werden ausgeweitet.

Unbemannte Luftfahrtsysteme werden etwa in der Katastrophenhilfe und beim Transport von Medikamenten eingesetzt. Erste Versuchsreihen mit Drohnen und Tests zur Lärmreduzierung von Verkehrsflugzeugen fanden in Cochstedt in den vergangenen Monaten schon statt. Neben der Entwicklung der Technologie sollen auch Drohnen zertifiziert und deren Bedienung geschult werden. Eines der Projekte heißt „ALAADy“ (Automated Low Altitude Air Delivery). Eine Tragschrauber-Drohne, die bis zu 200 Kilogramm schwere Frachtstücke in niedrigen Flughöhen bis zu 500 Kilometer weit transportieren soll. Drohnen-Technik, die etwa in entlegenen Gebieten in Afrika für den Transport verschiedener Güter eingesetzt werden kann.

Dass nun Drohnen in Cochstedt in die Luft steigen, ist auch den guten Bedingungen zu verdanken. „Der Standort war unsere erste Wahl“, betont Henke. Unter 20 Bewerbern hätte sich Cochstedt durchgesetzt. Das Gebiet ist dünnbesiedelt, Lage und Anbindung sind perfekt für die Zwecke der Forscher.  Die Voraussetzungen mit bestehendem Rollfeld, Terminalgebäude, Hangar und Tower exzellent. Das DLR hatte den Flughafen Mitte 2019 erworben. Insgesamt investiert das Forschungszentrum der Bundesrepublik mindestens zehn Millionen Euro in die wissenschaftliche und betriebliche Infrastruktur. Der Betrieb des Zentrums wird mit sechs Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen, 90 Prozent der Kosten übernimmt der Bund, zehn Prozent das Land. 

In dem Zentrum für  Unbemanntes Fliegen sollen die Vorhaben der DLR-Institute gebündelt werden. Cochstedt werde der deutschlandweit erste Flughafen, auf dem gleichzeitig der Betrieb  Unbemannter Fluggeräte (UAS) stattfinde. Der Aufbau des Zentrums liegt trotz Corona-Unwägbarkeiten im Zeitplan. Entstehen sollen nun unter anderem moderne Systeme für Kommunikation, Flugvermessung und Überwachung, eine Werkstatt und neue Büroräume. Das Terminal soll als Institutsgebäude ausgebaut werden, der Tower erhält neue Technik. In Cochstedt entstehe ein Leuchtturm für Zukunftstechnologien, der auch für Start-ups sehr interessant ist. Davon werde das Land profitieren, sagt Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Er erinnert an die langjährige Suche nach Investoren, nach zahlreichen Misserfolgen war der Flughafen zuletzt 2016 in die Insolvenz gerutscht.

Der Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek (CDU), sagt, es sei richtig, den Traum vom Regionalflughafen aufgegeben zu haben. Viele Flughäfen seien nicht erst seit Corona in finanziellen Schwierigkeiten. Mit dem DLR habe Cochstedt glänzende Perspektiven. Auf dem Gebiet der Drohnentechnik habe Deutschland „gute Chancen auf globale Führerschaft“, so Jarzombek.
18 Institute unterhält das DLR deutschlandweit. „In der Praxis werden sich alle in Cochstedt treffen“, sagt Jean Daniel Sülberg, der Leiter des Erprobungszentrums. 30 bis 35 Mitarbeiter sollen am Standort in Sachsen-Anhalt arbeiten, momentan  sind es 13. Besonderes Augenmerk will Sülberg auf „Rückkehrer“ in die Heimatregion legen. Einige hätte man bereits gewinnen können.

Vom neuen Zentrum des DLR in Cochstedt soll auch ein Impuls für den Salzlandkreis ausgehen. Nach den Vorstellungen von Landrat Markus Bauer (SPD) soll der Kreis zu einem attraktiven Wissenschafts-, Wirtschafts- und Wohnstandort werden. Das Engagement des DLR passe hervorragend in die Strategie, so Bauer. Der Bürgermeister der Stadt Hecklingen, Uwe Epperlein (Wählergemeinschaft Hecklingen), ist froh, dass nach dem jahrelangen Tauziehen und vielen Rückschlägen am Flughafen nun echte Aufbruchstimmung herrscht. Die Ansiedlung des DLR sei „für Cochstedt und Hecklingen“ ein riesiger Gewinn.