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Finanzen Sparkassen retten Bank und sich selbst

Die Norddeutsche Landesbank (NordLB) ist wegen fauler Schiffskredite in schweren Sturm geraten: sie braucht 3,7 Milliarden Euro Kapital.

Von Jens Schmidt 01.02.2019, 00:01

Magdeburg l Auch Sachsen-Anhalts Sparkassen-Gremien stimmten mehrheitlich dafür, Geld in die Hand zu nehmen, um die NordLB zu retten. Sie müssten etwa 60 Millionen Euro beisteuern. „Das ist zwar alles katastrophal, aber eine bessere Alternative gibt es derzeit nicht“, sagte Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD). Im Gremium sitzen neben den Sparkassenchefs auch die elf Landräte und Stadtoberhäuper von Magdeburg, Halle und Dessau-Rosslau.

Denn: Würde die NordLB den Bach heruntergehen, verlören die Sparkassen nicht nur viel Geld. Das gesamte Geschäftsmodell deutscher Sparkassen und Landesbanken ginge kaputt. Diese besitzen derzeit nämlich ein Privileg: Sie könne sich gegenseitig Geld verleihen, ohne Sicherheiten zu hinterlegen. Die Institute haben eigene Sicherungssysteme. Jahrelang hat man diesen Vorzug gegen Kritik und Angriffe der Privatbanken und der EU verteidigt. Sollte aber die NordLB zusammenkrachen, wäre das der Offenbarungseid: Das vielgepriesene Sicherungssystem würde im Notfall also gar nicht greifen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Sparkassenchefs im Januar klar gemacht: Scheitert die NordLB, droht ein Entzug der Privilegien. Die Sparkassengruppe rechnet im schlimmsten aller Fälle mit einem Gesamtschaden von 10 Milliarden Euro.

Bis zum Dezember gab es noch die Hoffnung, dass die Hessisch-Thüringische Landesbank (Helaba) die NordLB übernimmt und das Privileg sichert. Als das scheiterte, war die Not groß. Helmut Schleweis, Chef des Sparkassen- und Giroverbands offerierte dann vorige Woche für viele überraschend ein neues Auffang-Modell: Sparkassen und Landesbanken investieren 1,2 Milliarden Euro, retten das Privileg und bauen die „neue“ NordLB um.

Schleweis will am liebsten alle Landesbanken zu einer öffentlichen Ober-Bank fusionieren - mit den Sparkassen darunter. Botschaft: Konzentration aufs Kerngeschäft, keine riskanten Spekulationen mehr. Den Löwen-Anteil von 2,3 Milliarden Euro müsste Niedersachsen tragen. Auf die Landeskasse Sachsen-Anhalts kämen anteilsgemäß 140 Millionen Euro zu.

Was macht das Land? Koalition und Opposition war lange Zeit dagegen, mit Steuergeld eine Bank zu retten. Zumal der Anteilswert in den Keller rauschte (von 250 Millionen auf 30 Millionen Euro) und seit Jahren schon keine Dividenden mehr in die Landeskasse fließen. Doch nun, da das ganze Sparkassen-System auf der Kippe steht, wächst der Druck.

Finanzminister André Schröder (CDU) machte seinen Ministerkollegen am Dienstag schriftlich klar, dass wegen „übergeordneter Gesichtspunkte“ eine „aktive Beteiligung des Landes dennoch geboten sein könnte“. Schröder wurde beauftragt, das beste herauszuhandeln, wenn schon Landesgeld fließt. So will das Land am liebsten seine Anteile sowie seine Haftung (etwa für Pensionen) los werden; da lauern zwischen 50 und 100 Millionen Euro. Am meisten interessiert die Regierung aber das Überleben der Investitionsbank (356 Mitarbeiter). Die ist an die NordLB angedockt.

Über die IB wickelt das Land 60 Förderprogramme ab. Dort liegen Gründerfonds (142 Millionen Euro) und Treuhandfonds (700 Millionen Euro). Die Überlebenschancen der IB in einer NordLB sind gering. Weder Privatinvestoren noch die Sparkassengruppe wollen in einer neuen, entschlackten NordLB eine IB bei sich haben. Die IB könnte nun eine Banklizenz beantragen. Das kostet aber Zeit und Geld. Vor allem bräuchte sie eine Datenverarbeitung, die sie derzeit bei der Nord LB nutzt. Nun wird gerechnet, was günstiger ist: Eigenständigkeit oder eine Kooperation mit anderen Förderbanken.

Finanzminister Schröder gerät derweil stärker in die Kritik. Opposition aber auch Kommunalpolitiker sind über die Entwicklungen entsetzt und hätten von ihm viel früher Warnsignale erwartet - zumal er zugleich Vize-Aufsichtsratchef der NordLB ist. „Er ist zu passiv“, sagte Finanzerin Kristin Heiß (Linke). Bis heute sei vieles unklar. „Wir können daher noch nicht sagen, ob und wie stark sich das Land finanziell an der Rettung beteiligen soll.“ Schröder entgegnete, er habe den Finanzausschuss stets informiert.