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Gericht Fußfessel ohne "präventive Wirkung"

Vor einer Woche wurde im thüringischen Erfurt ein mutmaßlicher brutaler Vergewaltiger festgenommen.

Von Bernd Kaufholz 29.10.2018, 17:09

Erfurt/Magdeburg l Wie sich nun herausstellte, hatte die Polizei in Thüringen eine Fußfessel für den Mann beantragt, der bis zum Sommer in der JVA in Burg eine neuneinhalbjähige Haftstrafe voll abgesessen hat. Das Landgericht Stendal lehnte die Fußfessel ab, weil sie sich keine „speziell präventive Wirkung“ davon versprach, wie Frank Baumgarten von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Magdeburg am Montag auf Nachfrage mitteilte.

Das Landgericht Stendal als zuständige Strafvollstreckungskammer hatte aber sehr wohl andere Auflagen wie die Zuweisung eines Bewährungshelfers und Meldepflichten erteilt, sagte Baumgarten. Es sei eine hohe juristische Hürde, wenn eine „elektronische Aufenthaltsüberwachung“ angeordnet werden soll.

Der 34-jährige Mann soll in der Nacht zu Dienstag der vergangenen Woche in Erfurt eine Frau brutal vergewaltigt haben, sie hat schwere Verletzungen davon getragen. Noch am selben Tag war er verhaftet worden. Die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass noch zwei weitere Vergewaltigungen auf sein Konto gehen. Es wurde eine Sonderkommission gegründet.

Im Juni 2009 war der damals 25-Jährige gebürtige Burger vom Landgericht Magdeburg zu der langjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die er bis zum Frühjahr diesen Jahres abgesessen hat. Der Mann hatte im Dezember 2008 eine 24 Jahre alte Frau in Magdeburg überfallen. Er hatte mit einem Stein die Radfahrerin niedergeschlagen, vergewaltigt und beraubt. Der Vergewaltiger war zu dem Zeitpunkt bereits wegen Vergewaltigungsdelikten vorbestraft und hatte gerade erst eine Haftstrafe abgesessen.

Bei seiner Haftentlassung in diesem Jahr hatte er den Wunsch geäußert, nach Thüringen ziehen zu wollen. Er wurde im Landeskriminalamt in der „Haftsentlassenen Auskunftsdatei Sexualstraftäter“ gelistet, in der derzeit 160 Personen aufgeführt sind.

Die sogenannte elektronische Fußfessel gilt als letzte Möglichkeit der Überwachung eines Straftäters, nachdem er aus der Haft entlassen wurde, aber noch als gefährlich eingeschätzt wird. Dementsprechend hoch sind die juristischen Hürden, dieses Mittel anzuwenden. In Deutschland gab es Ende 2017 96 Personen, die einen Aufenthaltsüberwacher am Fußgelenk trugen. In Thüringen gibt es aktuell drei in Sachsen-Anhalt sind es nur zwei.

Die elektronische Fußfessel ist mit einem Sender ausgestattet, der in ständigem Funkkontakt mit einer Basisstation steht. Empfängt die Station kein Signal, weil der Sender sich außerhalb ihrer Reichweite befindet oder zerstört wurde, meldet sie über das Telefonnetz Alarm an die überwachende Behörde. Wird eine mobilfunkangebundenen elektronischen Fußfessel benutzt, kann der Standort des betroffenen Menschen rund um die Uhr überwacht und kontrolliert werden.

Registriert werden die Signale seit 2012 in der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder in Bad Vilbel bei Frankfurt.