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Corona-Pandemie Gericht kippt Beherbergungsverbot

Das Beherbergungsverbot wird in Sachsen-Anhalt vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Magdeburg.

27.10.2020, 14:16

Magdeburg (dpa) l Gäste aus Corona-Risikogebieten dürfen in Sachsen-Anhalt in Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen übernachten: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Magdeburg hat am Dienstag (27. Oktober) das Beherbergungsverbot gestoppt. Der 3. Senat setzte in einem Normenkontrollverfahren die Regelung des Landes vorläufig außer Vollzug. Damit war der Eilantrag eines Vermieters und Inhabers von Ferienwohnungen in Naumburg (Burgenlandkreis) gegen das Beherbergungsverbot erfolgreich.

In Sachsen-Anhalt durften Hoteliers niemanden beherbergen, der aus einem Corona-Hotspot kommt und keinen aktuellen negativen Test vorweisen kann. Als innerdeutsche Risikogebiete gelten Städte und Kreise, in denen es mehr als 50 nachgewiesene Infektionen je 100.000 Einwohner und Woche gibt.

"Im Prinzip ist die Sache mit dem Eilverfahren durch und das Beherbergungsverbot tot", erklärte ein Gerichtssprecher. Denn: Es  sei derzeit kein Antrag beim OVG anhängig, um in einem Hauptverfahren und damit nochmals zu entscheiden.

Das Land will indes seine bisherige Verordnung erstmal nicht nachjustieren. "Da muss es eine bundeseinheitliche Lösung geben", sagte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Am Donnerstag berate das Kabinett. Spätestens am 8. November werde mit einer Entscheidung gerechnet.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) zeigte sich erleichtert. "Wir sind froh, dass trotz der schwierigen Situation auch Gäste aus anderen Bundesländern mit Risikogebieten bei uns übernachten und Urlaub machen können", sagte der Präsident des Landesverbandes, Michael Schmidt. Die Hygienekonzepte hätten sich in der Branche in Sachsen-Anhalt bewährt. "Wir sind nicht die Treiber der Pandemie", sagte Schmidt.

Aus Sicht der Magdeburger Richter ist das bisherige Beherbergungsverbot rechtswidrig. Es verletze das Grundrecht auf freie Berufsausübung des Vermieters. Zudem greife es in die allgemeine Handlungsfreiheit der Reisenden ein, hieß es zur Begründung. Nach erster Einschätzung entspreche der Eingriff nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Zwar bestehe nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts auch in Deutschland unverändert eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation, betonte das OVG. Das Land Sachsen-Anhalt habe aber nicht dargelegt, dass im Zusammenhang mit der Beherbergung ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe. Zudem könnten Tagestouristen aus benachbarten Bundesländern, in denen es keine derartigen Einschränkungen gebe, einreisen. Außerdem bestehe weiterhin die Möglichkeit, privat bei Familien und Freunden zu übernachten.

Das Beherbergungsverbot galt in Sachsen-Anhalt bereits seit dem Frühjahr. Damals hatten Gastronomen sogar eine Rechtsgrundlage gefordert, Gäste aus Risikogebieten abweisen zu können. Zu der Zeit galten allerdings nur zwei Landkreise in ganze Deutschland als Risikogebiete – inzwischen sind es Dutzende. Das mache die Regelung aus dem Frühjahr inzwischen impraktikabel, hatten Gastronomen kritisiert.

Zusätzlich zu einem erheblichen Organisationsaufwand hätten die Beherbergungsbetriebe finanzielle Einbußen, die sich aus Stornierungen und wegbleibenden Gästen ergeben. "Das ist nahezu tödlich für unsere Branche, wenn zum Beispiel in einer Weinregion mit Fahrradtouristen die Urlauber gerade im Herbst, wo Hauptsaison ist, nicht kommen dürfen", erklärte Sachsen-Anhalts Dehoga-Chef.

Generell war das Beherbergungsverbot in den vergangenen Wochen bundesweit in die Kritik geraten. Ein Grund dafür war, dass Hotels bislang nicht besonders als Infektionsherde in Deutschland aufgefallen waren. Infolge der Kritik kassierten einige Landesregierungen die Verbote inzwischen wieder; in einigen Bundesländern übernahmen das Gerichte. Nur noch in Hamburg und Sachsen-Anhalt hatte es zuletzt Beherbergungsverbote gegeben.

Auch deshalb hatte der Branchenverband Dehoga die Regelung als Wettbewerbsverzerrung kritisiert und die Landesregierung aufgefordert, die Einschränkung zurückzunehmen.