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Handel 800 Millionen Euro Verlust erwartet

Die Corona-Krise setzt dem Einzelhandel im Land heftig zu. Gut jedes vierte Geschäft in Sachsen-Anhalt sieht sich in Existenznöten.

Von Alexander Walter 12.08.2020, 01:01

Magdeburg l Drei Monate nach Lockerung vieler Corona-Beschränkungen bleibt der Einzelhandel in Sachsen-Anhalt im Krisenmodus: „Nach Umfragen sehen sich 25 Prozent der Einzelhändler in Existenznöten“, sagte Knut Bernsen, Geschäftsführer des Handelsverbands, der Volksstimme.

Konsumlaune und Umsätze hätten zuletzt zwar wieder deutlich angezogen. „Die Einbuße durch die Pandemie werden die meisten Händler in diesem Jahr aber nicht mehr hereinholen.“ Der Verband rechnet mit rund 800 Millionen Euro Verlust. Nicht berücksichtigt sind Lebensmittel- und Baumärkte.

Sprecher von Händler-Zusammenschlüssen bestätigten die Einschätzung: „Die Lage ist angespannt“, sagte Arno Frommhagen, Sprecher der IG Innenstadt Magdeburg, die rund 400 Unternehmer repräsentiert. „Wir wissen schon jetzt, dass einige aufgeben werden.“ Die Rabattsätze der Geschäfte seien überproportional hoch – „kein gutes Zeichen“, so Frommhagen.

„Vielen stand das Wasser zwischenzeitlich bis zum Hals“, sagt auch Andrea Lux, Händler-Sprecherin in Osterburg in der Altmark. Inzwischen habe sich die Lage immerhin entspannt. „Um Pleiten kleinerer Läden zu verhindern, setzt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nun auf verstärkte Internet-Präsenz: „Wenn zum Beispiel ein Kunde ein Markenhemd online bestellen möchte, sollte er das nicht unbedingt beim Hersteller tun müssen, sondern die Möglichkeit haben, zum gleichen Preis auch über den Einzelhändler seiner Wahl online zu kaufen.“ Anfang September will Altmaier die Branche zu Gesprächen einladen.

Zahlen des Statistischen Landesamts zeigen in der Tat: Immer mehr Verbraucher im Land nutzen das Netz für Einkäufe. Waren es Anfang 2018 68,4 Prozent, stieg der Anteil Anfang 2020 auf 76,5 Prozent. Knut Bernsen begrüßt die Initiative Altmaiers. Viele Händler seien mit Investitionen aber überfordert. „Sinnvoll wären daher Förderprogramme zur Digitalisierung.“ Denkbar sei Hilfe auch durch Seminare.

Landeswirtschaftsminister Armin Willingmann sagte: „Der Ratschlag des Bundeswirtschaftsministers ist gut gemeint, kommt allerdings um viele Jahre zu spät.“ Nicht nur Deutschland, ganz Europa, habe es versäumt, Gegengewichte zu Amazon und Co. zu schaffen. Der SPD-Politiker forderte eine Digitalsteuer für Internet-Konzerne. Deren Erträge könnten in die Revitalisierung des Handels vor Ort fließen.

In Osterburg versuchte die Stadt ihre Händler schon vor Jahren für eine lokale Online-Plattform zu gewinnen. Vorerst ohne Erfolg. „Wir haben uns ein wenig gesträubt, wir wollen die Kunden in der Stadt“, sagt Händler-Sprecherin Lux. In Salzwedel setzen die Geschäfte zwar bereits stärker auf Online-Präsenz, Akzente setzten aber auch hier eher andere Konzepte, aktuell: ein Stadtgutschein.