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Imkerei Weniger Bienen als anderswo

Obwohl in Sachsen-Anhalt die Imkerei im Aufwind ist, hat das Land eine niedrigere Bienendichte als alle anderen.

Von Elisa Sowieja 20.09.2017, 01:01

Magdeburg l Nirgendwo in Deutschland summt und brummt es so kräftig wie in Berlin. Sieben Bienenvölker pro Quadratkilometer findet man in der Metropole. Sachsen-Anhalt hingegen liegt mit knapp einem Volk auf dem letzten Platz. Und das, obwohl die Imkerei hierzulande im Aufwind ist: Die Zahl der Bienenvölker stieg in den vergangenen fünf Jahren von 9900 auf 13.700, die der Imker von 1500 auf 1900.

Wieso schneidet das Land im Vergleich dann trotzdem so schlecht ab? Professor Kaspar Bienefeld vom Länderinstitut für Bienenkunde im brandenburgischen Hohen Neuendorf erklärt das zuallererst mit der Einwohnerstruktur. „Die Bevölkerungsdichte ist in Sachsen-Anhalt niedriger als in vielen anderen Ländern“, sagt der Leiter des Instituts, das von Sachsen-Anhalt und vier weiteren Bundesländern getragen wird.

Zudem gebe es seit eh und je zwei traditionelle Gefälle: Von West nach Ost und von Süd nach Nord nehme die Dichte ab. Hamburg, im Ländervergleich Zweitplatzierter, bildet hier eine Ausnahme. Das liegt daran, dass es eine Großstadt ist und Imkern in Großstädten schick geworden, erklärt Bienefeld. „Dort hat fast jeder auf dem Dach oder Balkon einen Bienenstock.“

Der Imkerverband Sachsen-Anhalt hat noch eine andere Erklärung: „Nach der Wende hatte die Landesregierung kein Interesse daran, die Entwicklung der Bienenpopulation zielgerichtet zu unterstützen, berichtet Verbandschef Falko Breuer. Förderung für technische Ausstattung etwa habe es noch nicht gegeben. Das Interesse an der Imkerei brach in dieser Zeit massiv ein: Zählte man vor der Wende 5400 Imker, waren es im Jahr 2006 nur noch 1300. Erst danach ging es bergauf. Immer mehr Menschen entdecken seitdem ihre Faszination für Bienenvölker, lernen den Nutzen der Tiere für die Natur zu schätzen oder finden in dem Hobby ein Mittel zum Stressabbau.

An der Entwicklung nach 1990 hätten auch die Imkervereine ihren Anteil, sagt Breuer. Sie begannen erst im Jahr 2004, Kurse für Neulinge anzubieten. Heute gibt es sie an elf Orten in Sachsen-Anhalt. Und entgegen dem Altersschnitt von über 63 Jahren kommen auch immer mehr Jüngere. Die Landesregierung legt sich inzwischen ebenfalls mehr ins Zeug. Sie fördert Erstausstattungen, Weiterbildungen und seit vergangenem Jahr auch Imkerkurse für Schulen.

Trotz des Aufwärts-Trends, den es übrigens bundesweit gibt, sieht Forscher Bienefeld die aktuelle Entwicklung kritisch. Das Problem ist die Verteilung der Völker. „Der Trend beschränkt sich auf Städte, das Land erreicht sie nicht.“ In Magdeburg und Halle zum Beispiel kommen rund drei Bienenvölker auf einen Quadratkilometer, in den Landkreisen Börde und Stendal ist es nur ein Volk. „Landwirte haben dadurch zunehmend Probleme“, sagt der Institutschef. Oft sind keine Bienen zum Bestäuben in der Nähe. Außerdem hätten Stadtimker oft nur zwei oder drei Völker. „Umso weniger es sind, desto mehr fühlt sich der Imker bemüßigt, mit ihnen zu wandern.“

Hinzukommt, dass die Bienenzüchter in Zukunft womöglich noch mehr mit der Varroa-Milbe zu kämpfen haben werden. Der Parasit ist schon jetzt der Hauptgrund für Winterverluste, diese lagen in Sachsen-Anhalt zuletzt bei 23 Prozent. Die Zahl war deshalb so hoch, weil das Wetter sehr mild war. Bienefeld erklärt: „Wenn es warm ist, brüten Bienen auch im Winter. Dadurch können sich die Milben länger ausbreiten.“ Werden nun durch den Klimawandel die Winter generell milder, verbessern sich ständig die Bedingungen für Varroa.

Das Länderinstitut forscht derzeit an einer Biene, die resistenter gegen die Milbe ist. Sie riecht durch den geschlossenen Deckel, wenn eine Zelle durch Varroa beschädigt ist und räumt sie aus. Bis es allerdings so weit ist, dass man Königinnen der Linie an Imker abgeben kann, dauert es noch ein paar Jahre.

Bis dahin bleibt den Imkern nur die Behandlung mit Ameisensäure. Wie das genau funktioniert, lernt man in Kursen. Doch die werden bisher nur von geschulten Ehrenamtlichen des Imkerverbandes angeboten. Ansonsten kann man sich zwar Tipps vom Länderinstitut holen, allerdings ist das nur telefonisch möglich.

Verbandschef Breuer wünscht sich, dass das Land einen Bienenfachberater einstellt, der zu den Imkern reist und sie vor Ort schult und unterstützt. Andere Länder wie Bayern hätten schließlich auch so jemanden. Forscher Bienefeld findet Vor-Ort-Beratungen zwar sinnvoll. „Allerdings sind weitere Schulungen an unserem Institut für ehrenamtliche Multiplikatoren eine Alternative, die wahrscheinlich preisgünstiger ist.“