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Jalloh-Prozess: Staatsanwalt fordert Geldstrafe

05.12.2012, 07:42
Andreas S., Angeklagter im Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh, sitzt am Dienstag (04.12.2012) neben seinem Verteidiger, dem Anwalt Attila Teuchtler (r) im Landgericht in Magdeburg (Sachsen-Anhalt). In dem nach BGH-Entscheidung neu aufgerollten Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh aus Sierra-Leone in einer Polizeizelle in Dessau soll geklärt werden, ob der Polizist am Tod Jallohs eine Mitschuld trägt. Der Asylbewerber ist 2005 in Dessau-Roßlau bei einem Brand in einer Polizeizelle ums Leben gekommen. Foto: Peter Förster/dpa  +++(c) dpa - Bildfunk+++
Andreas S., Angeklagter im Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh, sitzt am Dienstag (04.12.2012) neben seinem Verteidiger, dem Anwalt Attila Teuchtler (r) im Landgericht in Magdeburg (Sachsen-Anhalt). In dem nach BGH-Entscheidung neu aufgerollten Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh aus Sierra-Leone in einer Polizeizelle in Dessau soll geklärt werden, ob der Polizist am Tod Jallohs eine Mitschuld trägt. Der Asylbewerber ist 2005 in Dessau-Roßlau bei einem Brand in einer Polizeizelle ums Leben gekommen. Foto: Peter Förster/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa-Zentralbild

Magdeburg (dpa) l Im Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle hat die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe für den angeklagten Beamten gefordert. Sie plädierte gestern am Landgericht Magdeburg auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Der ehemalige Dienstgruppenleiter soll 90 Tagessätze à 70 Euro zahlen. Er habe die Pflicht gehabt, selbst in die Zelle zu schauen, weil Jalloh schrie und mit den Fesseln rasselte, sagte Oberstaatsanwalt Christian Preissner.

Der Angeklagte hätte überprüfen müssen, ob der betrunkene und unter Drogen stehende Jalloh weiter gefesselt bleiben musste. Schließlich hätte die Gefahr bestanden, dass Jalloh etwa an Erbrochenem erstickte. Zudem hätte seine Identität schneller festgestellt werden müssen. Preiss-ner betonte, alle habe tief getroffen, dass etwas geschehen sei, was nicht geschehen dürfe - dass ein Mensch in Polizeigewahrsam ums Leben komme.

Jalloh war am 7. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle gestorben. Er soll den Brand mit einem Feuerzeug selbst entfacht haben, obwohl er an Armen und Beinen gefesselt war. Woher das Feuerzeug stammte, ist nicht geklärt. Beamte hatten den Afrikaner mit aufs Revier genommen, weil sie seine Identität nicht eindeutig feststellen konnten, ein Teil der Duldungspapiere war nicht lesbar. Der Mann aus Sierra Leone wehrte sich heftig.

Mit ihrem Strafantrag rückte die Staatsanwaltschaft von ihrer ursprünglichen Anklage ab, die auf Körperverletzung mit Todesfolge lautete. Sie war davon ausgegangen, dass der Polizeibeamte nicht schnell genug auf den Rauchalarm reagierte und damit wertvolle Zeit für Jallohs Rettung vertat. Preissner sagte, die Gutachten der Brandsachverständigen hätten eine Zahl von Varianten erbracht, wie und wann der Brand ausgebrochen sein kann. Die Frage, ob der Angeklagte Jalloh tatsächlich hätte retten können, sei nicht eindeutig zu beantworten. Der Angeklagte hätte aber auf jeden Fall umgehend nach dem Alarm zur Zelle eilen müssen. Er hatte zugegeben, den Alarm mindestens einmal ausgeschaltet zu haben.

Der Oberstaatsanwalt ging auch auf die Mord-Theorie der Nebenklage ein, die Jallohs Familie vertritt. Dass Jalloh den Brand selbst entfachte, sei die einzig denkbare Variante. Er habe wahrscheinlich auf sich aufmerksam machen wollen. "Ich weiß, dass es für viele ein Gedanke ist, der für sie nicht vorstellbar ist", sagte Preissner. Es gebe für die Staatsanwaltschaft aber keine Hinweise auf Mord. Preissner kündigte an, unabhängig vom aktuellen Prozess den Brandschutt aus der Gewahrsamszelle noch einmal untersuchen zu lassen.

Die Nebenklage hatte weitere Brandversuche mit toten Schweinen beantragt, um ihrer Mord-Theorie nachzugehen. Das wies das Gericht zurück.

Für den 11. Dezember sind die Plädoyers von Nebenklage und Verteidigung geplant.