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Justiz Weniger Eilverfahren in Sachsen-Anhalt

Schnelle Urteile nach Delikten wie Diebstahl oder Sachbeschädigung sprechen Sachsen-Anhalts Richter immer seltener.

18.04.2017, 07:06

Magdeburg/Halle (dpa/sa) l Die Zahl der beschleunigten Verfahren an Sachsen-Anhalts Gerichten ist zurückgegangen. Wie das Justizministerium auf Anfrage mitteilte, wurden im 2016 287 Prozesse im Eilverfahren abgewickelt, 2015 waren es noch 332. Im Jahr 2011 erledigten die Amtsgerichte Sachsen-Anhalts noch 660 beschleunigte Verfahren.

In solchen Verfahren können Delikte, bei denen es sich um Massenkriminalität wie Diebstahl oder Sachbeschädigung handelt, verhandelt werden. Das zu erwartende Strafmaß darf dabei nicht über einem Jahr Freiheitsstrafe liegen. Das Urteil wird innerhalb einer Woche nach der Tat gesprochen.

Sogar Urteile direkt nach der Tat sind möglich: Bei sogenannten "besonders beschleunigten Verfahren" wird der Täter auf frischer Tat ertappt und die Polizei bringt ihn und die Zeugen direkt ins Gericht. Eine Antragsschrift ist in dem Fall nicht nötig. Auch ein Verteidiger muss dann nicht zum Prozess geholt werden.

Ein solches Turbo-Verfahren ist nur möglich, wenn die erwartete Strafe nicht über sechs Monate Freiheitsstrafe misst. "Ein Grundsatz dabei ist, dass niemand sich durch das Verfahren gehetzt fühlt", sagte Markus Niester, Vorsitzender des Richterbunds Sachsen-Anhalt. Ob und welches beschleunigte Gerichtsverfahren angewendet wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft.

"Wenn man Angst hat, dass ein ausländischer Dieb am nächsten Tag weg ist, kommt es häufig zu einem beschleunigten Verfahren", sagte Niester. Denn eine Untersuchungshaft müsse immer im Verhältnis zur erwarteten Strafe stehen – und die sei bei einem Diebstahl meist zu gering und werde daher nicht angeordnet.

Ein Urteil direkt nach der Tat sei eindrucksvoll, sagt Niester. Der Staat beweise damit, dass er schnell und direkt handeln könne. Auch der Aktenumlauf sei bei einer direkten Urteilsverkündung wesentlich geringer. Allerdings seien beschleunigte Verfahren für Staatsanwaltschaften, Gerichte und Polizei mit mehr Aufwand verbunden, hieß es vom Justizministerium. "Normale" Verfahren seien günstiger und beanspruchten weniger Personal.