CDU-Chef Keine Zeit für Wehmut bei Webel
Thomas Webel kandidiert beim Parteitag nicht mehr für den Vorsitz der CDU in Sachsen-Anhalt. Langeweile kommt bei ihm aber nicht auf.
Magdeburg l Zettel über Zettel, jedes Stück Papier ein ungelöstes Problem – so sah über viele Jahre der Schreibtisch von Thomas Webel aus. Inzwischen ist die Zettelwirtschaft Vergangenheit. Einen unaufgeräumten Arbeitsplatz würde der CDU-Landeschef seinem Nachfolger, dem bisherigen Parteivize Holger Stahlknecht, ohnehin nie übergeben.
Am Sonnabend wählen die CDU-Mitglieder auf dem Landesparteitag in Röblingen am See (Landkreis Mansfeld-Südharz) erstmals seit 14 Jahren einen Vorsitzenden, der nicht Thomas Webel heißen wird. Das Ende einer Ära, niemals war ein CDU-Landesvorsitzender länger im Amt als der 64-Jährige. Holger Stahlknecht erhalte „ein gemachtes Haus“, sagt Webel. Der Verband sei „intakt“. Für den nächsten Wahlkampf 2021 hat der scheidende Landeschef 875.000 Euro in der Parteischatulle hinterlassen. Seit 1998, als Sachsen-Anhalt noch als Sorgenkind unter den ostdeutschen Landesverbänden gelten musste, sei es stetig bergauf gegangen. „Bei den letzten Bundestagswahlen waren wir der stärkste Verband in Ostdeutschland“, sagt Webel. Ein Pfund, mit dem man zum Abschied wuchern kann.
Im Verdacht, auf den letzten Metern wehmütig zu werden, steht Webel ohnehin nicht. Seit 1990 ist er CDU-Mitglied und Abgeordneter im Landtag. Webel war Landrat in Wolmirstedt, im Ohrekreis und in der Börde. Im politischen Betrieb eine gewisse Robustheit an den Tag zu legen, könne nicht schaden, sagt er. In all den Jahren ist der Politiker mit den tiefblauen Augen nie einer Diskussion aus dem Weg gegangen. Bezeichnete er sich selbst als „nahbar und bodenständig“, Parteifreunde wie Gegner würden das wohl in der Mehrzahl unterschreiben. „Auf sein Wort kann man zählen“, sagt auch Generalsekretär Sven Schulze. Habe sich Webel indes auf etwas festgelegt, „sollte man besser nicht versuchen, ihn umzustimmen“, so Schulze. Bildungsminister Marco Tullner erinnert sich, wie er Webel einst beim Spaziergang durch Klein Ammensleben (wo Webel bis heute lebt) aus dem Auto gesehen habe. In einen „uralten Lodenmantel“ gehüllt, uneitel und bodenständig.
Auch mit seinem Nachfolger Holger Stahlknecht verbindet Webel die langjährige Zusammenarbeit. Einen Makel müsse er ihm mit auf den Weg geben. Den Mitgliederschwund. In seiner Zeit als Parteichef hätten die Christdemokraten im Land 1000 Mitglieder verloren. „Holger Stahlknecht muss versuchen, diesen Trend zu stoppen“, sagt Webel. Bliebe noch ein Thema: die parteiinternen Querelen, die ihm während seiner Amtszeit trotz dicken Fells immer wieder zugesetzt haben. Zuletzt beharkten sich zwei Parteikollegen im Kreisverband Salzwedel. Nötigungsvorwürfe stehen noch immer im Raum. In der Vergangenheit zehrte vor allem der Stendaler Wahlfälschungsskandal an den Nerven des 64-Jährigen. „Gerade Stendal war für uns nicht gut, das wurde von den politischen Gegnern eiskalt ausgenutzt“, sagt Webel. Ein anderes Mal fühlten sich die Frauen im Landesverband unterrepräsentiert. „Das muss wachsen und kann nicht so einfach verordet werden“, lautet bis heute die Einstellung Webels zu diesem Thema.
Die Arbeit als CDU-Landeschef endet, für den verbleibenden Posten des Verkehrsministers hat Thomas Webel nun „mehr Zeit“. Und für die Bundes-CDU hat Webel eine Empfehlung: Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Vorsitzende. Friedrich Merz („zu lang aus dem Betrieb raus“) und Jens Spahn („sollte sich erst beweisen“) – die hat Thomas Webel nicht auf dem Zettel.