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Kita-Unglück Erzieherinnen von Arbeit freigestellt

Nach dem Tod eines Zweijährigen bei einem Kita-Ausflug wurden drei Erzieherinnen von der Arbeit freigestellt.

Von Bernd Kaufholz 05.10.2020, 20:43

Magdeburg l Das Amtsgericht Magdeburg hat gestern angeordnet, dass der zwei Jahre alte Junge, der bei einem Ausflug der Integrativen Kindertagesstätte „Neustädter See“ ums Leben gekommen ist, obduziert wird. Hintergrund ist das sogenannte Todesursachenermittlungsverfahren, durch das die Polizei Erkenntnisse zum Hergang des Geschehens erhalten will. Seit 2016 war das der zweite Todesfall im Zusammenhang mit einem Kita-Ausflug, wie das Sozialministerium auf Anfrage mitteilte.

Die Gruppe mit drei Erziehern war am Freitag Richtung „Cable Island“ am Neustädter See spazieren gegangen. Kurz nachdem sie den Rückweg angetreten hatte, war aufgefallen, dass der Zweijährige fehlte.

Nachdem die Polizei informiert worden war, war das Kind leblos im flachen Wasser gefunden worden. Trotz der Wiederbelebungsversuche konnte im Universitätsklinikum Magdeburg nur noch der Tod des Zweijährigen festgestellt werden.

Andrik Krüger, stellvertretender Geschäftsführer von „Der Paritätische“ – die Tochterfirma PIN GmbH ist Träger der Kindereinrichtung, sagte der Volksstimme, dass über die Kita ein „vorläufiges Verbot von Spaziergängen verhängt“ wurde. Außerdem seien die drei Betreuerinnen, die bei dem tragischen Ereignis die Aufsicht hatten, „von der Arbeit befreit“ worden.

„Wir haben unsere Mitarbeiter umgehend belehrt und werden unser Möglichstes dazu beitragen, dass das tragische Geschehen restlos aufgeklärt wird. Dafür sind wir mit den Ermittlern und dem Jugendamt im Gespräch.“

Die PIN GmbH betreut in den Landkreisen Harz, Jerichower Land, dem Salzlandkreis und in Magdeburg 12 Kitas.

Geprüft wird gegenwärtig, ob möglicherweise eine Aufsichtspflichtverletzung während des Spaziergangs vorgelegen hat.

Rechtsanwalt Lars Hänig bemerkt dazu, dass der Kita-Träger grundsätzlich die Aufsichtspflicht über die ihm anvertrauten Kinder übernimmt. „Da der Träger diese Pflicht nicht selbst ausüben kann, überträgt er sie auf die Leitung des Kindergartens und das übrige Personal.“ Die auf den einzelnen Erzieher übertragene Aufsichtspflicht entspreche weitgehend der Aufsichtspflicht der Eltern.

Allerdings betont der Fachjurist, dass die Aufsichtspflicht auch Grenzen habe. „Allgemein kann man sagen: Je jünger ein Kind ist, desto stärker ist die Aufsichtspflicht, weil ein höheres Selbstschädigungspotenzial besteht.“ Einen feststehenden Betreuungsschlüssel bei Kita-Ausflügen gebe es nicht, teilte gestern das Sozialministerium mit. Eine vorgeschriebene berufliche Qualifikation ebenfalls nicht. „Die aufsichtführenden Personen müssen allerdings geeignet und in der Lage sein die Kinder sicher zu beaufsichtigen“, so das Ministerium.

Die Stelle für Jugendhilfe-, Sozial- und Gesundheitsplanung der Stadt Magdeburg als Zuständige für die Erteilung von Betriebserlaubnis und für die Aufsicht über Kitas hat zu prüfen begonnen, wie die pädagogischen Richtlinien der Betiebsführung in der betreffenden Kita umgesetzt werden, teilte Stadtsprecher Michael Reif mit. „Dazu wurde eine schriftliche Stellungnahme angefordert.“

Die Behörde verlange Aufkärung über den konkreten Hergang des Unfalls und der eingeleiteten Maßnahmen. Es gehe um die „Sicherstellung des Kindeswohls“. Im Blickpunkt stünden Betriebsabläufe und Personalfragen.