Archäologen finden bei Lützen Massengräber aus dem 30-jährigen Krieg Knochendenkmal der namenlosen Soldaten
Halle l "Das ist für mich kein Artefakt. Das ist für mich das beeindruckendste Antikriegsdenkmal, das ich kenne." Nach dem Rundgang durch die Pompeji-Ausstellung hat Landesarchäologe Harald Meller eine Gruppe aus Schönebeck in einen Nebenbau des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle geführt. Was die Frauen und Männer um den Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Landtag, Gunnar Schellenberger, hier sehen, lässt sie verstummen. Meller ist angesichts eines Massengrabes aus dem 30-jährigen Krieg ernst und in sich gekehrt.
"Arme Teufel waren das. Wahrscheinlich ein kleines Aufgebot aus Weißenfels", sagt er mit Blick auf die sterblichen Überreste. Nur knapp 50 Zentimeter unter der Ackerkrume haben Archäologen unweit von Lützen im Burgenlandkreis mehrere Massengräber entdeckt und sie unverändert, also mit der gesamten Erde, in der die Gebeine ruhen, in das Landesmuseum gebracht. "Wir haben herausgefunden, an welchen Krankheiten sie gelitten haben. Sehen Sie hier, der mit den Sichelbeinen? Wahrscheinlich Mangelernährung. Der konnte nur mit Mühe laufen", sagt Meller.
"Das waren keine Helden. Das konnten gar keine Helden sein. Sie konnten nicht einmal mehr erfolgreich weglaufen. Viele sind von hinten mit Säbelhieben von Reitern niedergeschlagen und getötet worden", beschreibt er die wahrscheinliche Situation aus dem November 1632. Es war der Tag, an dem auch der schwedische König Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen fiel. "Der König ist pompös aufgebahrt und in einem großen Trauerzug durch das Land gefahren worden. Diese hier hat man ohne Aufhebens verscharrt, es sind die Namenlosen", nimmt der Historiker hörbar Partei für die unbekannten Soldaten. "Bei dem da steckt noch eine Kugel im Körper. Und bei dem hier kann ich mir gut vorstellen, dass es ein Pfarrer war. Sein toter Körper ist mit ausgebreiteten Armen zum Abschluss auf die Leichname der anderen gelegt worden, als sollte er so ein Kreuz symbolisieren. Das ist durchaus typisch für damals", glaubt Meller.
Zwischen 14 und 35 Jahren seien die Männer alt gewesen, sagt er. Einige der Münder sind weit aufgerissen, als wären sie in Schmerz und Todesangst erstarrt. Meller will die Skelette in Gänze freilegen und präparieren lassen. Das Massengrab soll dann als Antikriegsdenkmal in mehreren Orten Sachsen-Anhalts gezeigt und schließlich seinen endgültigen Platz in einem Gebäude bei Lützen finden, dort, wo diese Menschen den Tod fanden.