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Kriminalität Drogenhandel in Sachsen-Anhalt blüht auf

Nicht nur die Zahl der Drogenstraftaten hat mit 10 000 Fällen einen Rekordwert erreicht. Auch der organisierte Rauschgifthandel blüht auf.

Von Matthias Fricke 04.05.2020, 01:01

Magdeburg l Der Prozess am Magdeburger Landgericht gegen den sogenannten Paten von Magdeburg ist noch nicht abgeschlossen. Dem 36-jährigen Libanesen wirft die Staatsanwaltschaft bewaffneten gewerbsmäßigen Drogenhandel vor. Bei ihm fand die Polizei 13 Kilogramm Amphetamine, 300 Gramm Kokain sowie Methamphetamine und Waffen wie eine AK 47. Er soll die Drogen unter anderem aus seiner Shisha-Bar heraus mit Hilfe seines Netzwerkes verkauft haben. Solch organisierter Handel in Sachsen-Anhalt ist keine Seltenheit mehr. Das Geschäft blüht. Im vergangenen Jahr wurde nicht nur bei den inzwischen knapp 10 000 Drogendelikten ein neuer Höchststand erreicht. Auch die Fälle des illegalen Handels stiegen inzwischen auf 1333.

Wie dieser Handel im Land funktioniert, erklärt Michael Klocke vom Landeskriminalamt (LKA): „Die lokalen Bezugsquellen für die Konsumenten bedienen sich dabei in der Regel etablierter, feststehender Dealerstrukturen.“ Das betrifft in erster Linie Cannabisprodukte, Kokain und Heroin.

Bei Crystal ist dies nach den Erfahrungen der Ermittler etwas anders. „Durch die geografisch günstige Lage des Landes fahren Kleindealer und Konsumenten oft selbst in die Tschechische Republik oder in die Niederlande und kaufen dort ein“, so Klocke. Der dort angebotene günstige Preis (20 Euro pro Gramm bei Großabnahme) ist aus Sicht der Ermittler vermutlich Grund dafür, dass in Sachsen-Anhalt kaum Crystal in Eigenregie in Laboren hergestellt wird. „Parallel dazu gibt es aber auch Gruppen der Organisierten Kriminalität, die Crystal in Laboren produzieren lassen und den Transport sowie Verkauf selbst abwickeln“, so Klocke. Dies sei aber seltener.

Beim Cannabisanbau setzen offenbar viele Kriminelle auch auf den heimischen Anbau. So wurden im vergangenen Jahr 31 Indoor-Plantagen und drei Outdoor-Plantagen (beides ab 20 Pflanzen) in Sachsen-Anhalt sichergestellt. Insgesamt waren das knapp 3500 Pflanzen. Dazu wurden 100 Kilogramm bereits geerntetes Cannabis gefunden. Weltweite Hauptproduktionsgebiete befinden sich aktuell in Afghanistan, Indien, Libanon, Pakistan, Albanien, Mexiko, Nordafrika und dort insbesondere Marokko. Das Rauschgift kommt per Lkw, Auto, Schiff oder Bahn nach Deutschland. Auch das Heroin wird in der Mehrzahl der Fälle mit einem Kurier nach Sachsen-Anhalt gebracht, erklären die Ermittler. Sogenannte Bodypacker bringen das Rauschgift oft per Flugzeug nach Europa. Dabei verschlucken die Kuriere oft magensäureresistente Päckchen, um sie durch den Zoll zu schmuggeln. Bei einem Teil der Sicherstellungen konnte in der Vergangenheit nachgewiesen werden, dass sich die Hauptproduzenten in Afghanistan, Myanmar oder Mexiko befinden.

Wegen der aktuellen Grenzschließungen für viele Reisenden angesichts der Corona-Pandemie sei laut Klocke„noch keine Verknappung oder Preissteigerung auf dem Drogenmarkt“ erkennbar. Er sagt: „Wie sich das entwickelt, wird erst in den nächsten Wochen sichtbar.“

Als Vertriebsplattform gewinnt das Darknet immer mehr an Bedeutung. In einem spektakulären Fall in Salzwedel, bei dem der 32-jährige „Geschäftsführer“ eines „Pulvershops“ im vergangenen Jahr zu acht Jahren Haft verurteilt worden ist, haben seine „Mitarbeiter“ am Tag bis zu 60 Postsendungen mit Drogen europaweit per Post verschickt. Darunter waren Drogen aller Art.

Unter den 1159 ermittelten Tatverdächtigen im Rauschgifthandel waren 175 nichtdeutscher Herkunft, im Vorjahr lag die Zahl bei 162.