Landespolitiker verstorben Der Umtriebige - ein Nachruf auf Sachsen-Anhalts zweimaligen Wirtschaftsminister Horst Rehberger
Chemie-Dreieck, Straße der Romanik und Brockenbahn sind mit seinem Namen verbunden. Zuletzt eckte Horst Rehberger (FDP) mit seiner Meinung zu AfD und Russlandsanktionen an.

Magdeburg - Horst Rehberger war der erste und bislang einzige Landespolitiker in Sachsen-Anhalt, der es schaffte, gleich zweimal Wirtschaftsminister zu werden. Allein diese Personalie sagt einiges über ihn: Nicht aufgeben, machen, durchbeißen – auch leidenschaftlich streiten, aber ohne Brücken hinter sich einzureißen. Am Montag ist Rehberger mit 87 Jahren im Saarland gestorben.
Vor ziemlich genau 35 Jahren begann Rehbergers Zeit in Sachsen-Anhalt. Im Herbst 1990 wurde der FDP-Politiker Wirtschaftsminister in der ersten frei gewählten Landesregierung. Zuvor, im Westen, hatte der Jurist als Bürgermeister in seiner Geburtsstadt Karlsruhe sowie als Wirtschaftsminister im Saarland erste Erfahrungen im politischen Geschäft gesammelt. Doch nach dem Regierungswechsel 1985 an der Saar musste Rehberger mit seiner FDP in die Opposition. Mit der Deutschen Einheit 1990 öffnete sich für ihn plötzlich die Chance, wieder zu regieren. Der Osten suchte dringend erfahrene Westler, die sich mit dem bundesdeutschen System auskannten. Rehberger ging nach Sachsen-Anhalt.
West-Minister machte sich für den Osten stark
Der Minister aus dem Westen machte er sich für die Wiederbelebung der Ost-Chemie stark. Ihn war klar, dass das ohne Staatsmilliarden unmöglich wäre. Dabei legte er sich auch mit Puristen in seiner Partei an, denen Staatshilfen Teufelszeug waren. Rehberger half, den Neubau der Raffinerie in Leuna und des Kohlekraftwerks in Schkopau gegen Widerstände aus dem Westen durchzusetzen. Mit seinem Namen verbunden bleiben auch die Straße der Romanik und die Wiedergeburt der Brockenbahn – der Umtriebige war auch für Tourismus zuständig.
Gehälteraffäre kratzte an der Ehre
Rehbergers erste Amtszeit endete abrupt mit der „Gehälteraffäre“. Der Rechnungshof hatte West-Ministern vorgeworfen, überhöhte Gehälter zu beziehen. Rehberger hielt das für falsch, trat aus taktischen Gründen aber als erster zurück und erzwang so den Rückzug des damals in Ungnade gefallenen Ministerpräsidenten Werner Münch (CDU). Es sollte bis 1997 dauern, ehe die Ehre durch ein Gerichtsurteil hergestellt war: Die Gehälter waren rechtens.
Furioses Comeback mit der FDP
Trotz der Nackenschläge blieb Rehberger in Sachsen-Anhalt politisch aktiv. 2002 gelang ihm mit der FDP ein furioses Comeback: Die Partei holte bei der Landtagswahl 13 Prozent. Rehberger wurde zum zweiten Mal Wirtschaftsminister – nun im Kabinett des im Juni 2025 verstorbenen Wolfgang Böhmer (CDU). Die Arbeitslosigkeit sank deutlich, das Land gab in der Arbeitsmarktstatistik die rote Laterne ab. Nur seine geliebte grüne Gentechnik konnte er nicht wie gewollt etablieren.
Rehberger fordert ein Ende der Russlandsanktionen
2006 endete Rehbergers zweite Amtszeit. Als Ehrenvorsitzender von Sachsen-Anhalts FDP blieb er, wie er immer gewesen war: unruhig, streitlustig, aber nicht zänkisch. Er war jedenfalls selten „Mainstream“.
So plädierte er 2017 für eine andere Migrationspolitik und forderte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auf, im Ausland Büros zu gründen, um gezielt Arbeitskräfte anzuwerben. 2019 kritisierte er die Ausgrenzungspolitik gegenüber der AfD.
Und 2022 forderte er ein Ende der Sanktionen gegen Russland. „Mit dramatisch gestiegenen Energiekosten senken wir nachhaltig den Lebensstandard eines großen Teils der Bevölkerung und vertreiben wichtige Teile unserer Industrie ins Ausland.“ Beifall bekam er von seiner Partei nun nicht mehr.