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Ministerpräsident zum Migrationsgipfel Haseloff: „Wir müssen runter von den Zahlen“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff begrüßt die Schritte des Bund-Länder-Gipfels zur Begrenzung der Migration. Es gehe um nicht weniger als die Stabilität der Demokratie.

Von Alexander Walter 07.11.2023, 17:18
Reiner Haseloff: „Es geht um die Stabilität unserer Demokratie.“
Reiner Haseloff: „Es geht um die Stabilität unserer Demokratie.“ Foto: dpa

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ist vom Verhandlungsmarathon zur Migration noch ein wenig übernächtigt, als er am Dienstagnachmittag in Magdeburg vor die Presse tritt: „Es war ein erster wesentlicher Schritt nachdem, was wir in den vergangenen Wochen erlebt haben“, sagt der CDU-Politiker zu den Berliner Gipfelergebnissen. Jedem sei klar geworden, dass, wenn man nicht handele, das Problem nicht in den Griff zu bekommen sei. Dann wird Haseloff grundsätzlich:

Aufnahmekapazitäten erschöpft

„Es geht um die Stabilität unserer Demokratie.“ Beeindruckt zeigt sich Haseloff von den antiisraelischen Demonstrationen in deutschen Großstädten – ohne diese direkt beim Namen zu nennen: „Man war tief beeindruckt, was sich an Abgründen auftut in unserer Gesellschaft, wenn bestimmte Weltlagen eintreten“, sagt er.

Die Kapazitäten zur Aufnahme neuer Flüchtlinge jedenfalls seien erschöpft. Und Umfragen zeigten: „Wir können nicht dauerhaft gegen eine Mehrheit Politik machen. Wir müssen runter von den jetzigen Zahlen, die wir noch nie hatten, weil es keine Möglichkeit mehr gibt, alle menschenwürdig unterzubringen“, ergänzt er.

Mit Kanzler Olaf Scholz (SPD), dem Bundeskabinett und den Ministerpräsidenten der Länder hatte Haseloff in Berlin zuvor ab Montagabend bis tief in die Nacht über einen Kompromiss zur Begrenzung der Migration verhandelt. Im Ergebnis gibt es zum Einen mehr Geld für die Länder:

7500 Euro Kopf-Pauschale für die Länder

7.500 Euro sollen sie jährlich für jeden Asylerstantragsteller vom Bund erhalten, statt der bisherigen Jahrespauschale – zuletzt 3,7 Milliarden Euro. Gefordert hatten die Länder 10.500 Euro pro Kopf, der Bund hatte 5.000 geboten. Haseloff begrüßt den Kompromiss: Es handele sich um einen „echten, atmenden Deckel“. Die Zahlungen orientierten sich daran, wie viele Personen tatsächlich kommen und nicht an Pauschalbeträgen, betont er. Zum anderen wollen Bund und Länder die Attraktivität Deutschlands für Wirtschaftsflüchtlinge senken und deshalb an die sogenannten Pull-Faktoren. Neben der Einführung einer bundeseinheitlichen Bezahlkarte sollen dabei auch Leistungen für Asylbewerber gekürzt werden.

Kürzung von Sozialleistungen

Dafür sollen Flüchtlinge künftig 36 statt 18 Monate nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt werden. Eine Anhebung der Leistungen auf das übliche Sozialhilfeniveau erfolgt damit später als bisher. Auch die Aufnahme von Arbeit durch Flüchtlinge war Thema des Gipfels. Haseloff: „Wer zu uns kommt, hat kein Recht darauf, dass die Gesellschaft altruistisch dafür sorgt, dass er integriert wird.“ Er habe „eine Bringepflicht“ daran mitzuwirken, die Sprache zu erlernen und eine Arbeit aufzunehmen.

Um die Flüchtlingszahlen zu senken, will die Bundesregierung auch Asylverfahren außerhalb Europas prüfen. Zur Wahrheit gehöre aber auch: 70 Prozent der Asylbewerber kämen aktuell aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak, sagt Haseloff. Alles Länder, „wo wir keine Verhandlungen im Sinne von Rückführungen sehen“. Hier müsse der Bund nacharbeiten.

Linke: Verteilungsproblem statt Flüchtlingsproblem

Aus der Landespolitik kommt geteiltes Echo zum Gipfel: „Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) sind ein wichtiger Schritt für die dringende Asylwende“, sagt etwa Andreas Silbersack, Fraktionschef der FDP. Mit Bezahlkarten etwa würden Bargeldzahlungen beendet. „Sie sind bisher ein Pull-Faktor zur Einwanderung in die Sozialsysteme.“

Kritik übt die Linke: „Wir haben in Deutschland kein Flüchtlingsproblem, wir haben ein Verteilungsproblem“, sagt Innenpolitikerin Henriette Quade. Seit Jahren würden die Kommunen kaputtgespart. „Das hat nichts mit Geflüchteten, aber viel mit ungerechter Vermögensverteilung und der fehlenden Besteuerung von Reichtum zu tun.“