Nach Teilnahme an Treffen Radikaler Mehrheit für Abwahl von AfD-Fraktionschef wackelt
CDU und FDP im Landtag wollen erst eine Anhörung von Ulrich Siegmund am Donnerstag vor dem Ältestenrat abwarten.

Magdeburg - Nach parteiübergreifender Kritik an der Teilnahme von AfD-Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund an einem Treffen radikaler Rechter in Potsdam wackelt die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag für einen angekündigten Abberufungsantrag gegen den Politiker vom Vorsitz des Sozialausschusses im Landtag.
CDU und SPD hatten den Antrag am Montag nach einem „Correctiv“-Bericht über das Treffen, bei dem Pläne zur massenhaften Abschiebung von Menschen erörtert worden sein sollen, angekündigt. Grüne und Linke hatten danach in Aussicht gestellt, diesen zu unterstützen.
Vieles spricht für ein solches Verfahren. Es ist aber guter demokratischer Brauch, dass man Betroffenen zunächst Gelegenheit gibt, sich zu äußern. Das letzte Wort hat die Fraktion.
Guido Heuer, Fraktionschef der CDU im Landtag
Nach dem Willen von Teilen der CDU erhält Siegmund vorher aber am Donnerstag zunächst Gelegenheit, sich vor dem Ältestenrat des Landtags zu äußern. Einen Automatismus für den Abwahlantrag gebe es vor der Anhörung nicht, stellte CDU-Fraktionschef Guido Heuer auf Volksstimme-Nachfrage klar.
„Vieles spricht für ein solches Verfahren. Es ist aber guter demokratischer Brauch, dass man Betroffenen zunächst Gelegenheit gibt, sich zu äußern“, ergänzte er. „Das letzte Wort hat die Fraktion“, betonte Heuer. Auch die FDP-Fraktion kündigte an, sich erst nach der Anhörung zum Antrag positionieren zu wollen.
Wohlfahrtsverbände schließen sich Forderung nach Abwahl Siegmunds an
Mehrere Wohlfahrtsverbände im Land haben sich unterdessen Forderungen nach einer Abwahl Siegmunds vom Vorsitz des Ausschusses angeschlossen. „Politik braucht Kooperation und Vertrauen“, schrieben die Vertreter von Diakonie Mitteldeutschland, AWO Sachsen-Anhalt und Paritätischem am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung. „Dieses Vertrauen (...) sehen wir hier massiv gestört und unsere Arbeit bedroht.“
Bei dem Potsdamer Treffen im November mit Beteiligung des langjährigen Kopfs der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ Martin Sellner soll dieser laut „Correctiv“ ein Konzept vorgestellt haben, mit dem Millionen Menschen nach Afrika abgeschoben werden sollen, auch Deutsche mit Migrationshintergrund. Personen, die sich für Geflüchtete einsetzen, könnten ebenfalls dorthin, zitierte „Correctiv“ Teilnehmergespräche.
Siegmund soll in Potsdam mit Blick auf Migranten unter anderem gesagt haben, man müsse in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass es für „dieses Klientel möglichst unattraktiv werde“ hier zu leben. Später bestätigte er seine Teilnahme am Treffen als Privatperson. Der Volksstimme gegenüber ließ er über Anwälte aber außerdem mitteilen: Der Vorwurf, er würde Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit abschieben wollen, sei absurd. „Abschiebungen sollten lediglich nach geltender Gesetzeslage konsequent und rechtskonform durchgeführt werden.“
AfD-Landtagspolitiker sucht bei Facebook „Abschiebehelfer“ - und spricht von Satire
Bekannt wurde derweil ein Facebook-Post des Wolmirstedter AfD-Landtagsabgeordneten Felix Zietmann mit dem Titel „Abschiebehelfer gesucht“. Darin heißt es etwa: „Aktuell wird unser Parteiprogramm, von den System-Medien Geheimplan genannt, in sämtlichen Zeitungen, Fernsehsendungen und Gesprächen in der Bundesrepublik thematisiert. Aus gegebenem Anlass suchen wir nun schnellstmöglich Abschiebehelfer!“
Auf Anfrage sagte Zietmann dazu: „Sehen Sie diesen Post als das, was er ist: eine satirische Antwort auf ungeheuerliche linksradikale Unterstellungen gegenüber der Opposition.“ Nach einer Bewertung gefragt, sagte auch AfD-Fraktionschef Oliver Kirchner: „Das ist Satire, ganz klar.“
AfD-Bundeschefin Weidel trennt sich von persönlichem Referenten
Andere AfD-Politiker haben allerdings nachgelegt: „Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen“, schrieb etwa der sozialpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion René Springer bei „X“.
AfD-Bundeschefin Alice Weidel hatte am Dienstag bekanntgegeben, die Zusammenarbeit mit ihrem persönlichen Referenten Roland Hartwig im Zusammenhang mit dessen Teilnahme am Potsdamer Treffen beendet zu haben. Nähere Gründe nannte sie nicht.
Nach ihrer Teilnahme am Treffen war zuvor auch das Vorstandsmitglied des Vereins Deutscher Sprache (VDS), Silke Schröder, zurückgetreten.