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Verkehrsdelikte mit Dienstwagen Ministerien schützen ihre Fahrer vor Blitzer-Strafen

Mehrere Häuser der Landesregierung von Sachsen-Anhalt geben nach Verkehrsdelikten Fahrerdaten nicht an die Polizei weiter. Die Fahrer entgehen so dem Knöllchen. Die Linke fordert endlich mehr Transparenz.

Von Alexander Walter 25.07.2023, 09:52
Blitzer an einer Straße in Sachsen-Anhalt: Manche Ministerien geben nach Verstößen alle Fahrerdaten an die Ermittler, andere Häuser gar keine.
Blitzer an einer Straße in Sachsen-Anhalt: Manche Ministerien geben nach Verstößen alle Fahrerdaten an die Ermittler, andere Häuser gar keine. Foto: Antje Mewes

Magdeburg - Fahrer von Limousinen der Ministerien in Sachsen-Anhalt können zumindest teilweise aufs Tempo drücken, ohne bei Geschwindigkeitsüberschreitungen belangt zu werden. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Volksstimme vorliegt.

Innenministerium: Die Polizei bemühte sich demnach allein im Fall des Landesinnenministeriums zwischen 2019 und 2022 in 215 Fällen um die Ermittlung von Fahrerdaten.

Tempoüberschreitungen waren dabei neben Falschparken der häufigste Ermittlungsgrund. Für Fahrzeuge von Ministerpräsident Reiner Haseloff und Innenministerin Tamara Zieschang (beide CDU) sowie Begleitfahrzeuge wurden dabei allerdings in keinem Fall Fahrerdaten übermittelt, teilte das zuständige Innenministerium in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage mit.

Das gleiche gelte für die Verfassungsschutzabteilung des Hauses. „Sind Verstöße dienstlich begründet, wird die zuständige Behörde um Einstellung gebeten“, hieß es. Allein von der Verfassungsschutzabteilung wurden so zwischen 2019 und 2022 insgesamt 28 Mal Fahrerdaten nicht weitergegeben. Die Tempoüberschreitungen seien dabei für die Erfüllung „hoheitlicher Aufgaben dringend geboten“ gewesen und „unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit“ erfolgt, hieß es weiter. Auch in weniger sensiblen Ministerien kam es zu Auskunftssperren.

31 Verstöße, 30 Mal Daten nicht weitergereicht

Wirtschaftsministerium: So meldete das Wirtschaftsressort, das nach der Landtagswahl 2021 umstrukturiert wurde und eine neue Hausleitung erhielt, zwischen 2019 und 2022 ebenfalls insgesamt 31 Ermittlungsanfragen. In 30 Fällen wurden die Namen der Fahrer auch hier nicht weitergegeben. Datenschutzgründe standen der Weiterleitung demnach entgegen.

Finanz-, Justiz- und Kulturministerium: Im Fall des Finanzministeriums stellte die Polizei zwischen 2019 und 2022 25 Ermittlungsanfragen, im Justizressort 5, im Kulturministerium der Staatskanzlei 3. Hier wurden alle angefragten Daten weitergeleitet.

Andere Ministerien: Ermittlungsanfragen zu Verkehrsdelikten gab es zwischen 2019 und 2022 auch im Bildungsministerium (18 Fälle), im Verkehrs- (14), im Umwelt- (11) sowie im Sozialministerium (10).

Landesregierung strebt einheitliche Lösung an

Auch hier ging es in der Mehrzahl der bekannten Fälle um Tempoüberschreitungen. Das Verkehrsministerium meldete in allen 14 Fällen keine Daten, das Sozialministerium verweigerte die Weitergabe in sieben Fällen. Das Umweltministerium reichte gar keine Daten weiter. Die Auskunftssperre wurde dabei rechtlich mehrfach mit dem Fehlen eines „überwiegend öffentlichen Interesses“ begründet.

Das Bildungsministerium prüfte zuletzt noch drei Behörden-Anfragen von 2022. Die Nichtbeantwortung sei auf Grundlage einer Ministerweisung von 2009 erfolgt, hieß es zunächst. Die Linke hakte nach, stellte eine dringliche Anfrage. Das Ministerium verwies auch danach aber auf eine noch dauernde Prüfung.

„Die Politik hat eine Vorbildwirkung. Wer eine Ordnungswidrigkeit begeht, der muss dafür belangt werden“, sagte Linksfraktionschefin Eva von Angern zu den Zahlen. „Egal, ob Normalbürger oder Fahrer eines Ministerfahrzeugs.“ Die Landesregierung hat inzwischen angekündigt, ein einheitliches Vorgehen der Ministerien anzustreben.