1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Landespolitik
  6. >
  7. Schulen auf oder zu? Die Bundes-Notbremse überfordert Kommunen

Infektionsschutzgesetz Schulen auf oder zu? Die Bundes-Notbremse überfordert Kommunen

Das Inkrafttreten des Notbremse-Gesetzes des Bundes hat Kreise und Großstädte in Sachsen-Anhalt vielerorts kalt erwischt. Das Land, das Regelungen üblicherweise übersetzt, hält sich zurück. Am Montag wurde aber zumindest landesweit die Präsenzpflicht an geöffneten Schulen aufgehoben.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 27.4.2021, 05:41

Magdeburg. Erster Schultag am Montag mit dem neuen Notbremse-Gesetz in der Salzwedeler Lessing-Ganztagsschule. Seit dem Morgen ist bekannt, dass die Sieben-Tage-Inzidenz für Corona im Kreis länger als drei Tage über der Marke von 165 Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner liegt. Dem neuen Gesetz nach springt die Ampel nun auf Rot. Heißt: Kreisweit müssten alle Schulen ab Mittwoch schließen. „Doch nichts Genaues weiß man nicht“, sagte der stellvertretende Leiter Stefan Hübner noch am Mittag. Eine Anweisung des Kreises stehe aus.

Hübner war mit der Ungewissheit gestern nicht allein. Petra Richter, Leiterin der Ganztagsgrundschule Stendal, wusste nicht, ob sie trotz Schulschließungen im Kreis Stendal ihre vierte Klasse vor Ort beschulen kann und soll. Das neue Gesetz ließe das zu. Doch gestern blieben die Viertklässler erst mal zu Hause. Der Kreis habe eine genaue Regelung des Landes angekündigt, sagte Richter. Auch die fehlte gestern Mittag aber noch.

Ähnliche Berichte kamen auch aus anderen Landesteilen, wie dem Harz. Die Tatsache, dass es sich bei der Corona-Notbremse um ein Bundesgesetz handelt, führt offenbar dazu, dass sich statt des Landes plötzlich vielerorts Kreise und Großstädte in der Verantwortung sehen, die Notbremse bei Bedarf zu ziehen.

Nicht jeder nimmt das aber so an. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) kritisierte schon am Wochenende die kurze Frist zwischen Beschluss und Inkrafttreten des Gesetzes: Seine Stadt beschränke sich jedenfalls auf die Bekanntgabe der Regeln, sagte Trümper. Kritik sei an die Bundesregierung zu richten.

RKI meldet falsche Zahlen im Bördekreis

Nicht nur an Schulen führt die Notbremse zu Verwirrung. Betroffen sind auch die Behörden. Im Fall des Bördekreises kam es bei der Einarbeitung gemeldeter Kreis-Zahlen durch das Robert-Koch-Institut (RKI) zu Fehlern. So sank die vom RKI rückgemeldete Inzidenz von Donnerstag zu Freitag von 109 auf 89, zum Sonnabend gar auf 88. Die RKI-Inzidenzen sind laut Gesetz Grundlage für Entscheidungen vor Ort. Für den Bördekreis seien die RKI-Zahlen unerklärbar, sagte ein Sprecher. Der Kreis hielt trotz des Absinkens der Werte an geltenden Auflagen fest. Gestern lag die Inzidenz in der Börde wieder bei 145.

In Halle (Inzidenz gestern 187) standen Kunden am ersten Tag der Notbremse am Sonnabend samt Shopping-Terminen vor verschlossenen Geschäften, wie der MDR berichtete. Einkaufen ist bei Inzidenzen drei Tage oberhalb 150 nur noch per Abholung erlaubt. In Magdeburg (Inzidenz 141) begegnen Händler der neuen Auflage – Einkaufen nur mit negativem Test – unterdessen durch den Aufbau eigener Teststationen.

Präsenzpflicht bleibt ausgesetzt

Zumindest im Kreis Salzwedel herrschte gestern Nachmittag Klarheit. Der Kreis wird seine Schulen ab Mittwoch schließen. Die Umsetzung der Notbremse sei nicht einfach, sagte Landrat Michael Ziche (CDU). Aber die Kreise seien auch Untere Infektionsschutzbehörden. „Dieser Verantwortung stellen wir uns. “

Das Bildungsministerium teilte unterdessen am Montagabend per Twitter mit: Die Präsenzpflicht für Schüler bleibe auch in Landkreisen, in denen die Schulen geöffnet sind, aufgehoben. Die Entscheidung sie „in Erweiterung des Schutzziels“ des Notbremse-Gesetzes getroffen worden, hieß es. Die Schulen wurden bereits am Nachmittag informiert.