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Schulen und Corona-Notbremse Schulleiter: „Wir reiben uns hier auf“ - In vielen Schulen liegen mit der Notbremse wieder die Nerven blank

Die Corona-Notbremse des Bundes hat die Regeln für den Schulalltag mit der Pandemie verändert – wieder einmal. In mancher Schule liegen die Nerven angesichts immer neuer Wendungen blank.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 28.4.2021, 05:20

Magdeburg/Genthin. Ingo Doßmann erfährt von der neuesten Änderung der Vorgaben für seinen Schulalltag am Dienstagmorgen um 6.50 Uhr: Ein Vater habe ihm am Telefon erzählt, dass die Präsenzpflicht in Schulen mit coronabedingtem Wechselunterricht vom Land aufgehoben wurde, berichtet der Leiter der Genthiner Grundschule „Stadtmitte“.

Den Lehrer und Vorstand der Bildungsgewerkschaft GEW erwischt die Nachricht kalt. „Erst am Freitag haben wir vom Land mitgeteilt bekommen, dass die Präsenzpflicht laut dem neuem Bundesgesetz wieder gilt“, sagt er. „Noch am Montag haben wir mit Eltern diskutiert, die Schulpflicht verteidigt. Und jetzt kommt das Land damit. Wir reiben uns hier auf.“

Doßmann beschreibt, womit Schulen landesweit derzeit konfrontiert sind: Seit Freitag ist in Sachsen-Anhalt das neue Corona-Notbremse-Gesetz des Bundes in Kraft. Verkürzt sagt es: Ab einer Inzidenz von 100 Corona-Neuerkrankten je 100000 Einwohner findet in einem Landkreis Unterricht nur noch im Wechselmodus statt – im Moment gilt das für die meisten Regionen im Land. Ab dem Wert 165 müssen Schulen mit Ausnahme der Abschlussklassen schließen. Allerdings: Unterhalb von 100 gilt nach wie vor die Corona-Verordnung des Landes.

Das Paradoxe: Die Landesverordnung macht eine Befreiung von der Präsenzpflicht in Corona-Zeiten möglich, im Bundesgesetz aber fehlt ein solcher Passus. Das führte dazu, dass Eltern in Kreisen mit höheren Inzidenzen ihre Kinder bis gestern formal in den Unterricht schicken mussten, Eltern in Kreisen mit geringeren Fallzahlen indes nicht. „Diesen Widerspruch wollten wir auflösen“, sagte Ministeriumssprecher Stefan Thurmann gestern zur Begründung der Aufhebung der Präsenzpflicht für den Geltungsbereich des Bundesgesetzes. Auch das Land habe im Übrigen erst am Donnerstag – einen Tag vor Inkrafttreten – von den abschließenden Regelungen der bundesweiten Notbremse erfahren. Daher habe man die Schulen am Freitag zunächst über die neuen Regeln informiert.

Der Sprecher ergänzte, die Schulen seien am Montagnachmittag per Mail über die Aussetzung der Präsenzpflicht informiert worden. Ingo Doßmann sagte gestern dazu, auch er habe ein Recht auf einen digitalen Feierabend.

Die Frage, Präsenzpflicht oder nicht, ist nicht die einzige strittige Flanke der Corona-Notbremse. Eine weitere: die Gleichzeitigkeit von Wechselunterricht in Grundschulen und Notbetreuung von Kindern mit Eltern in systemrelevanten Berufen. Die Regeln der Notbremse sehen vor, dass Kinder in Notbetreuung in Schulen mit knappen Kapazitäten einfach im Unterricht der jeweils anwesenden Unterrichtsgruppen sitzen. „Das aber konterkariert die Ziele, die das Wechselunterrichtsmodell ja verfolgen soll“, sagte GEW-Landeschefin Eva Gerth .

Die zuständigen Ministerien müssten eine gemeinsame Lösung finden, Hortmitarbeiter in die Notbetreuung einzubeziehen, sagte Gerth. Schule und Hort sind getrennte Bereiche – während Schulen dem Bildungsressort unterstehen, ist das Sozialministerium für die Früh- und Nachmittagsbetreuung in Horten zuständig.

Andere Fragen zur Notbremse hat das Land in seinem Brief an die Schulen vom Montag derweil geklärt: So sind Abschlussklassen im Fall geschlossener Schulen trotzdem zu unterrichten, dazu gehören auch vierte Klassen. Ab 3. Mai gilt zudem eine verschärfte Maskenpflicht in Schulen. Erlaubt sind dann nur noch medizinische Masken (OP, FFP2 oder KN95). Im Schülerverkehr gelten allerdings schon jetzt strengere Regeln. Dort müssen Schüler FFP2- oder KN95-Masken tragen. Eine OP-Maske reicht nicht.