Leser Helfen Warum Feuerwehren im Land Unterstützung für die Nachwuchsarbeit benötigen
In Sachsen-Anhalts 1346 Kinder- und Jugendfeuerwehren ziehen sich die ehrenamtlichen Retter den Nachwuchs heran. Doch oft fehlen Technik oder Geld, um Zeltlager und Wettkämpfe zu ermöglichen.

Magdeburg - Der 18-jährige Wunibald Jung hat in Magdeburg seine erste eigene Wohnung bezogen. Natürlich in der Nähe des Feuerwehrhauses im Stadtteil Olvenstedt. Wenn sein neuer Pieper einen Alarm anzeigt, will er schnell zur Stelle sein.
Vor fünf Jahren ist der gebürtige Nordrhein-Westfale der Jugendfeuerwehr Olvenstedt beigetreten und hat sich dort auf den großen Schritt zum Feuerwehrmann vorbereitet. Er sagt: „Ich hatte vor fünf Jahren ein Hobby gesucht, als ich mit meinen Eltern nach Magdeburg gezogen bin und einen Artikel in der Volksstimme über die Jugendfeuerwehr gelesen. Seitdem bin ich dabei.“
Der Einstieg in die Jugendfeuerwehr gelingt schnell. Der damals 13-Jährige nimmt an Zeltlagern, Orientierungsmärschen und später Wettkämpfen teil. Mit dem gesamten Team ist er 2019 sogar Landesmeister der Jugendfeuerwehren im „Bundesbewerb“ geworden und nahm am Internationalen Bewerb der Jugendfeuerwehren auf Bundesebene teil. Die Sommerferienfahrten an die Ost- und Nordsee waren eher Sahnehäubchen. Das Programm für die Jugendlichen ist eine Mischung aus Sportverein und Pfadfinder, nur mit viel Feuerwehrtechnik.
Der heute 18-Jährige erinnert sich: „Zum Anfang wusste ich nicht mal, welche Aufgabe die Truppen haben, dabei wusste jeder im Gerätehaus, welcher Schlauch welche Durchmesser hat.“
Darf bereits erste Einsätze mitfahren
Inzwischen ist das anders. Seine Prüfung für den aktiven Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr hat der Gymnasiast inzwischen abgelegt. In den nächsten zwei Jahren muss er noch seine Grundausbildung zum Truppführer und die Atemschutzgeräte-Ausbildung absolvieren. „Da liegt noch ein größeres Programm vor mir“, sagt er. Dennoch darf er bereits erste Einsätze mitfahren. Drei waren es in den vergangenen Tagen schon.
Seine Chefin der Freiwilligen Feuerwehr Olvenstedt ist Annette Siedentopf. Sie leitet die Wehr mit 71 aktiven Einsatzkräften, 46 Mitgliedern der Kinder- und 48 Mitgliedern der Jugendfeuerwehr. Sie sagt: „Diese beiden Bereiche sind die Nachwuchsschmiede der Feuerwehr.“ Zumal man auch über die Kinder an die Eltern herankomme. Dabei gehören die Olvenstedter zu den wenigen Wehren, die sich über zu wenig Kinder und Jugendliche nicht beklagen können. Das Problem liege woanders: „Nur wenige treten später auch in den aktiven Bereich über.“ Viele würden zum Beispiel durch ein Studium aus dem Ort weggehen oder haben andere Herausforderungen. Auch Wunibald Jung weiß noch nicht, wo es ihn am Ende nach seinem Abitur hinzieht. Er wolle etwas im Bereich Logistik oder Wirtschaft studieren. „Das muss sich dann entscheiden“, sagt er.
Die 18-jährige Alea Bender aus Magdeburg wartet hingegen noch auf ihren ersten Löscheinsatz. Auch sie hat erst vor wenigen Tagen zusammen mit Wunibald Jung den Sprung von der Jugendfeuerwehr zum aktiven Einsatzdienst geschafft. Die Jugendliche hat bereits bei der Kinderfeuerwehr den Teamgeist schätzen gelernt.
In Olvenstedt gibt es drei Kinder-Gruppen. Die Sechs- bis Siebenjährigen sind die „Flumis“. Die Achtjährigen heißen „Löschzwerge“ und die Neunjährigen „Feuerriesen“. Erst ab 10 Jahren dürfen die Kinder offiziell zur Jugendfeuerwehr. Alea Bender hatte als „Löschzwerg“ begonnen und ihre kleine Schwester ist gerade ein „Feuerriese“.
Die Jugendliche ist inzwischen auch Studentin für Industriedesign an der Hochschule Magdeburg und sagt: „Ich bin damals über meine beste Freundin zur Feuerwehr gekommen und wollte auch an den Spielen und Wettkämpfen teilnehmen.“
Keinen Tag habe sie davon bereut. Sie sagt: „Die Jugendfeuerwehr, das war schon eine sehr coole Zeit.“ Selbst schauspielerische Fähigkeiten musste sie als geschminktes Opfer für realistische Unfalldarstellungen entwickeln.
Viel habe sie der Ausbildung in der Jugendfeuerwehr zu verdanken, auch an technischen Handgriffen. „In der Prüfung mussten wir eine Saugleitung aufbauen und Knoten beherrschen. Die 18-Jährige hat das Problem, das viele Freiwillige Feuerwehren seit Jahren beschäftigt. „Tagsüber bin ich beim Studium, dadurch kann ich mich nur abends einsatzbereit melden“, sagt Alea Bender. Die Studentin wolle sich dennoch weiter auch in der Jugendfeuerwehr engagieren, nicht nur wegen ihrer kleinen Schwester.
Ein Problem bei vielen der 1346 Kinder- und Jugendfeuerwehren sind oft auch die fehlenden Betreuer. All die Orientierungsmärsche, Bastelnachmittage und Wettbewerbe beim Löschangriff müssen zusätzlich ehrenamtlich abgesichert und organisiert werden. „Das erfordert nicht nur von uns sehr viel Kraft, sondern kostet auch Geld für die Ausstattung“, sagt Wehrleiterin Siedentopf. Allein für die zahlreichen Wettbewerbe, Startgebühren, die Verpflegung, Unterkunft, die Bekleidung für die Mannschaften und Anfahrten mit dem Bus komme einiges zusammen. „Alles in allem ist man da schnell pro Fahrt für zwei Mannschaften zwischen 4000 und 5000 Euro dabei“, erklärt sie. Ohne die Fördervereine wäre das gar nicht denkbar.
„Grundstein wird in den Kinderfeuerwehren gelegt“
Thomas Voß, Landesjugendwart beim Feuerwehrverband, bezeichnet die Jugendfeuerwehr als „größte und damit wichtigste Quelle für die Einsatzabteilungen“. Der Grundstein werde bereits in den Kinderfeuerwehren gelegt. Man befinde sich in ständiger Konkurrenz zu anderen Vereinen. Außerdem fehlen den Feuerwehren oft auch Betreuer. Die erwachsenen Ehrenamtlichen schaffen es schließlich kaum, die Einsätze abzudecken, ganz zu schweigen von der Begleitung der Jugendarbeit.
Allein in den vergangenen zehn Jahren ging die Zahl der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr um 5700 auf 31 626 zurück. Auch die veraltete technische Ausstattung lasse oft zu wünschen übrig. „Damit kann man heute keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken“, sagt er. Es fehlt oft Geld. Voß: „Wir sind deshalb auf jede Unterstützung angewiesen.“

Hintergrund
Die 1346 Kinder- und Jugendfeuerwehren im Land haben insgesamt 14 837 Mitglieder. Das sind 5216 Mädchen und 9620 Jungen (plus einmal divers). Die zahlenmäßig größte Altersgruppe bei der Jugendfeuerwehr ist zwischen zehn und 15 Jahren.
Entwicklung der Jugendfeuerwehren: Die Zahl der Jugendfeuerwehren ist im Jahr 2008 von 965 bis zum vergangenen Jahr auf 817 gesunken. Die Zahl der Mitglieder in diesen Gruppen stieg im gleichen Zeitraum von 7739 auf 9357.
Motive: Interesse an Feuerwehrtechnik, Freude am Engagement für den Ort , Teamwork bei Wettkämpfen, Kennenlernen von neuen Leuten.
So können Sie Projekte unterstützen
Mit „Leser helfen 2021“ wollen die Volksstimme und der Paritätische Sachsen-Anhalt die regionale Nachwuchsarbeit von Kinder- und Jugendfeuerwehren und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) unterstützen. Sie sind Retter in der Not – und mit ihren Angeboten für Kinder und Jugendliche stabile Anker für das kulturelle und soziale Leben gerade auch im ländlichen Raum.
Mehr als 15 engagierte Projekte stellen wir in den nächsten Wochen vor. Spenden können Sie mit dem Flyer, der dieser Ausgabe beiliegt, oder direkt über die Kontoverbindung
Kennwort: Leser helfen 2021
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