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Müllskandal in Sachsen-Anhalt Landrat Finzelberg: Ich werde für einen Orkan sorgen

Von Michael Bock 12.08.2011, 06:35

Der im sachsen-anhaltischen Müllskandal ins Visier der Justiz geratene Landrat des Jerichower Landes, Lothar Finzelberg (parteilos), hat bei der Staatsanwaltschaft Stendal beantragt, ein gegen ihn laufendes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit einzustellen. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft besteht dazu derzeit allerdings kein Anlass.

Burg. Finzelberg sagte gestern bei einer Pressekonferenz in Burg, das Ermittlungsverfahren sei "einstellungsreif". Es habe "einen hinreichenden Tatverdacht nicht hervorgebracht". Die Staatsanwaltschaft habe trotz einer Aktenfülle von 7000 Seiten "nicht einen einzigen Sachbeweis in den Händen", der die Version des ihn belastenden "Kronzeugen" untermauere. Dieser, Uwe S., sei "selbst hochkarätig kriminell und zudem fähig, infam zu lügen".

Interessant: Der jetzige Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte Finzelberg 2010 noch anwaltschaftlich vertreten und kritisiert, dass die Begründung für die Tatvorwürfe ausschließlich auf Zeugenaussagen eines in Haft befindlichen Verurteilten fuße. Stahlknecht hatte seinerzeit gesagt: "Das könnte der Anfang eines sich möglicherweise anbahnenden Justizskandals sein."

Dem Landrat wird zur Last gelegt, 370000 Euro von Tongruben-Betreibern angenommen zu haben. Im Gegenzug soll er sich dafür eingesetzt haben, dass die Tongruben illegal mit Müll verfüllt werden.

Der Justiz warf Finzelberg vor, das Verfahren gegen ihn nicht rechtmäßig zu führen. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ziele auf seine "umgehende Beseitigung als Landrat". Damit, so Finzelberg, gehe seine "physische Vernichtung" einher. "Man hat gegen mich einen Sturm entfacht. Ich werde dafür sorgen, dass ein Orkan folgt", sagte Finzelberg. "Ich werde mir das nicht gefallen lassen und mich mit allen Mitteln wehren, die mir zur Verfügung stehen."

Brigitte Strullmeier, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stendal, sagte dazu: "Das beeinträchtigt unsere Arbeit nicht. Die Ermittlungen dauern an." Wie lange noch ermittelt wird, konnte sie nicht sagen. Es gebe allerdings derzeit keinen Anlass, das Verfahren einzustellen.

Finzelberg bekräftigte zudem seine Vorwürfe gegen Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Durch ein "völlig chaotisches Krisenmanagement" des damals von Haseloff geführten Wirtschaftsministeriums sei der "sogenannte Müllskandal" überhaupt erst möglich geworden.

Finzelberg verwahrte sich dagegen, "persönlich mit allen möglichen, zum Teil auch unlauteren Mitteln zum Bauernopfer gemacht zu werden".

Der Chef der Staatskanzlei, Rainer Robra, erwiderte: "Die Vorgehensweise von Herrn Finzelberg ist für mich rational nicht mehr nachvollziehbar. Die Frage seiner persönlichen Schuld oder Unschuld muss im Strafverfahren entschieden werden, nicht in einem öffentlichen Schlagabtausch." Finzelberg versuche erneut, Sachverhalte als strittig darzustellen, die längst in einem Untersuchungsausschuss geklärt worden seien.

Der Kreistag des Jerichower Landes hatte sich zuletzt hinter den Landrat gestellt. Die Mitglieder beschlossen mehrheitlich, sich gegen die Einsetzung eines neuen Abfallbeauftragten und damit gegen eine Teilentmachtung des Landrats durch das Landesverwaltungsamt zu wehren.

Präsident des Landesverwaltungsamtes ist Thomas Pleye (CDU), der unter Haseloff Staatssekretär im Wirtschaftsministerium war.