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Vor 50 Jahren machte die SED die Grenze dicht Landtag gedachte Mauerbau / "DDR war ein Gefängnisstaat"

Von Jens Schmidt 08.07.2011, 06:34

Der Landtag hat gestern des 50. Jahrestags des Mauerbaus gedacht. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mahnte, die soziale Wiedervereinigung fortzusetzen. Aus Sicht der SPD war die Mauer ein frühes Eingeständnis der Niederlage von Planwirtschaft und Diktatur. Die Grünen forderten einen besseren Unterricht über die jüngere Geschichte. Die Linke schlug einen Bogen von der DDR zu den heutigen Flüchtlingen: Verhinderte Ausreisen wögen ähnlich schwer wie verhinderte Einreisen.

Magdeburg. Am 13. August 1961 ließ die Staats- und SED-Führung in der DDR die Grenze dichtmachen. Um Westberlin wurde eine Mauer gezogen, die Grenzanlagen zu Westdeutschland wurden verstärkt. In Grenzgebieten mussten Tausende ihre Häuser verlassen. Bei Fluchtversuchen hatten Grenzsoldaten zu schießen – die Zahl der Todesopfer schwankt zwischen 270 und 957.

Haseloff erinnerte daran, dass sich 1989 die Ostdeutschen ihre Freiheit erkämpften. Aber: "Mit dem Fall der Mauer wurde erst die Freiheit der Westdeutschen vollendet." Er mahnte, nun die soziale Wiedervereinigung fortzusetzen. Dazu zähle die Angleichung der Renten sowie eine bessere soziale Teilhabe jener Menschen, die bis heute unter gebrochenen Biografien litten.

Die SPD stellte den Charakter der Grenze in den Mittelpunkt. "Sie war kein antifaschistischer Schutzwall, sondern eine Einmauerung nach Innen", sagte Gerhard Miesterfeldt. Zwischen 1949 und 1961 waren mehr als dreieinhalb Millionen Ostdeutsche in die Bundesrepublik geflohen. "Das war eine Abstimmung mit den Füßen." Der Mauerbau sei Ausdruck der Erkenntnis, dass Planwirtschaft und Diktatur der Sozialen Marktwirtschaft und dem demokratischen Rechtsstaat unterlegen waren. "Die DDR war ein Gefängnisstaat."

Der Mauerdefinition schloss sich die Linke im Kern an. Fraktionschef Wulf Gallert: "Die Grenze sollte nicht die DDR vor dem Westen schützen, sondern den Massenexodus aus der DDR in den Westen verhindern." Freizügigkeit sei ein universelles Menschenrecht, das den DDR-Bürgern genommen wurde. Gallert schlug einen Bogen zur Gegenwart und den Tausenden Flüchtlingen, die vor den Toren Europas stehen. "Eine verhinderte Einreise ist moralisch anders zu bewerten als eine verhinderte Ausreise: Aber in der Konsequenz ist es für das Individuum dasselbe."

Diese Betrachtung wies die CDU zurück. Fraktionschef An-dré Schröder: "Die Mauer war ein Ort des Todes." Er wiederum erhielt Widerspruch für seine Äußerung: "Ich bin ein wenig stolz, einer Partei anzugehören, die an Freiheit und Einheit jahrzehntelang geglaubt hat." Gallert: "Das trifft für die Ost-CDU definitiv nicht zu." Schröder erwiderte mit einem Doch: "Die Ost-CDU war nicht mit wehenden Fahnen in die Nationale Front (SED-geführtes Parteienbündnis - Anm.d.Red.) gegangen."

Die Grünen forderten die Regierung auf, der jüngsten deutschen Geschichte mehr Raum im Schulunterricht zu geben. "Schlagersüßtafeln liegen wieder in den Regalen, aber die Kenntnisse über die DDR sind äußerst mangelhaft", sagte Sören Herbst. Als Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) Beifall klopfte, meinte Herbst: "Das ist ein unhaltbarer Zustand, Herr Minister. Ich fordere sie auf, das zu verbessern."