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Landtag Grünes Licht für die Polizeireform

In Sachsen-Anhalt wurde der Weg für eine Polizeistrukturreform frei gemacht. Sie soll ab Januar 2019 schrittweise umgesetzt werden.

Von Matthias Fricke 21.11.2018, 18:08

Magdeburg l Kern der Reform sind eine zentralisierte Verwaltung und vier Inspektionen statt der bisher drei Direktionen. Zudem sollen Experten-Einheiten für schwere Verkehrsunfälle entstehen. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte im Landtag: „Wir werden eine  hochmoderne, bürgernahe Polizeistruktur haben, die lange, lange halten wird.“ Die Reform werde so umgesetzt, dass die „Menschen nicht vor den Kopf gestoßen werden“.

Die Präsenz in der Fläche bleibe mit den Regionalbereichsbeamten und den bisherigen Streifenbereichen gewährleistet. Durch die Erhöhung der Zahl der Polizeivollzugsbeamten auf 6400 (bis zum Jahr 2011) und perspektivisch auf 7000 (bis 2026) werde sie sogar sichtbar verbessert. Die Standorte der drei großen bisherigen Direktionen in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau sollen bestehen bleiben. Der Zuständigkeitsbereich im Norden des Landes wird jedoch geteilt, und die Altmark bekommt in Stendal eine eigene Inspektion. Eine fünfte Einrichtung nennt sich „Zentrale Dienste“ und übernimmt die Verwaltung von Personal, Haushalt oder Recht für alle anderen Inspektionen.

Die Koalitionspartner SPD und Grüne unterstützen die geplante Reform. Rüdiger Erben (SPD) sprach zugleich von einer „sehr großen Herausforderung“. Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel sagte zur Reform: „Das ist ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung“ Die AfD lehnte im Landtag die Reform ab. Innenpolitiker Hagen Kohl sagte, es werde ohne Not eine zusätzliche Führungseinheit geschaffen, der es nicht bedürfe. Zugleich forderte er eine Verschiebung des Startzeitpunktes auf das Jahr 2020. Die Einführung 2019 „kommt zur absoluten Unzeit“, sagte er. Denn: „Wir haben aktuell den niedrigsten Personalbestand in der Geschichte der Landespolizei. Es wäre sinnwidrig eine Struktur einzuführen, mit welcher noch mehr Dienstposten unbesetzt bleiben.“

Nach Auffassung von Henriette Quade, Innenpolitikerin der Linken, wird der „Personalnotstand bei der Polizei auch durch diese Reform nicht gelöst“. Die Umsetzung der neuen Polizeistruktur sei ohne eine Anpassung der Informations- und Kommunikationstechnik undenkbar. Dafür würden aber „materielle wie personelle Voraussetzungen fehlen“. Auch sie plädierte für eine Verschiebung der Reform. Die Umsetzung ab Januar 2019 werde vielfach als „sehr schwer realisierbar eingeschätzt“. Bei der Abstimmung enthielten sich die Linken-Abgeordneten der Stimme.

Die drei Polizeigewerkschaften stimmen grundsätzlich für die neue Reform, aber auch sie halten den Zeitpunkt für falsch. Wolfgang Ladebeck, Landes­chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) erklärte: „Der Gesetzgeber hat eine Entscheidung getroffen, die wir so nicht mittragen können. Die Organisation jetzt umzusetzen ist falsch. Die Hausaufgaben wurden vorher nicht gemacht.“ Die Projektgruppe habe für die Umsetzung 6400 Polizeibeamte errechnet. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt fehlen uns aber tausend Beamte dafür“, sagt er. Zudem fehlen die materiell-technischen Voraussetzungen und ein schlüssiges Liegenschaftskonzept.

Ähnlich sieht es auch sein Kollege Uwe Bachmann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. „Wir halten die neue Organisation für eine gute Idee, aber zum falschen Zeitpunkt.“ Es fehle schlicht die Kraft für die Umsetzung. Nach den Planungen habe die neue Polizeiinspektion Stendal eine Sollstärke von 725 Stellen, von denen allerdings 2019 nur 505 besetzt sein würden.

In dieselbe Kerbe schlägt der Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Peter Meißner: „Ohne Personal hilft auch die beste Strukturreform nichts. Wenn das Personal im nächsten Jahr nicht ausreichend kommt, werden wir ein ernstes Problem haben.“ Die Polizeivollzugsbeamten müssten deshalb dringend von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Außerdem befürchte seine Gewerkschaft, dass Regionen wie der Harz und die Börde mit der neuen Struktur potenziell aus dem Blick der Kriminalitätsbekämpfung geraten könnten.