Leseranwältin: Wer steckt hinter dem Kürzel?

Magdeburg - Manchmal sind mehrere Verfasser genannt, wenn ein Team von Journalisten zusammen an dem Beitrag gearbeitet hat. Alle haben dafür recherchiert, meist schreibt dann einer eine Rohfassung des Texts, den die anderen überarbeiten und ergänzen.

Kürzere Texte von Redaktionsmitgliedern sind mit einem Autorenkürzel gezeichnet, wie wir in der Fachsprache sagen. In der Volksstimme steht es direkt hinter der Ortsangabe zu Beginn des Texts, zum Beispiel „bo“ für Reporterchef Michael Bock. Ein „dpa“ hinter der Ortsangabe signalisiert: Der Text ist zwar von der Volksstimme-Redaktion bearbeitet (gekürzt, mit einer Überschrift versehen) worden. Recherchen und Originaltext stammen aber von der Nachrichtenagentur dpa.

Oft finden Sie die Buchstaben „VS“ hinter dem Ortsnamen. Dann handelt es sich in der Regel um eine Pressemitteilung, die von Polizei, Behörden, Vereinen, Unternehmen u.ä. stammt; die Redaktion hat sie bis auf Kürzungen und sprachliche Korrekturen inhaltlich nicht bearbeitet. Pressemitteilungen sind eine Form der PR bzw. Öffentlichkeitsarbeit.

Darum müssen sie laut Pressekodex, dem Regelwerk des Journalismus, als solche gekennzeichnet werden. Noch wichtiger ist es, den Absender der Pressemitteilung als Quelle im Text anzugeben. Anderenfalls würde bei Lesern der falsche Eindruck erweckt, hier handele es sich um Informationen, die die Redaktion nach journalistischen Kriterien unabhängig recherchiert hat.

Ein klarer Verstoß gegen das Transparenzgebot ist es in jedem Falle, einen Text vorwiegend aus Material von Nachrichtenagenturen oder anderen Medien zusammenzubauen und, wie letzte Woche bei einem Bericht über die bisherige Cum-Ex-Ermittlerin geschehen, ihn lediglich mit dem persönlichen Kürzel zu zeichnen. Selbst wenn die Redaktion aus Pressemitteilungen oder anderen Fremdtexten Informationen hinzufügt, die sie eigenständig beschafft hat, muss sie die Autorenkennung mit den anderen kombinieren.